Human Abfall – „Form Und Zweck“ (Rezension)

Cover des Albums Form Und Zweck von Human AbfallHuman Abfall – „Form Und Zweck“ (Sounds Of Subterrania)

8,2

2016 – das Jahr, in dem es das erste flüssig klingende deutschsprachige Mem in die Welt schafft: „Was ist das für 1 life?“. Die einzige gültige Antwort auf diese Frage: „Ein falsches.“ Damit gehen bestimmt auch Human Abfall d’accord, denn mit dem Opener ihres zweiten Albums „Form Und Zweck“ stehen sie knietief drin. Und sollte jemand nicht genau den ersten Takten gelauscht haben, wird damit auch gleich ein Punkt des Bezugsbogens gegeben: Der Dispo wars, in dem Fehlfarben 1982, pardon, 2002 in gleicher Tiefe steckten.

Die Gitarren schwelen in Moll, streifen hektisch Angstgefühle, machen verzerrte Abgründe auf. Sie stacheln den Bass an, der energisch und monoton geradeaus durch den Sumpf spielt, den Flávio Bacon mit seinen grau gefärbten Texten vermischt. Im drängenden Stakkato, in harten Worten und straighten Ansagen bespricht Bacon kaputte Orte im Privaten und Politischen: Montage in Dresden, Terror im Alltag, Kulturprekariat am Abgrund, die Bequemlichkeit der Privilegierten. Der Pressetext schreibt vom Themenkomplex „Leben am Ende eines Kulturzeitalters“ – wobei die Frage aufkommt, ob man „Ende“ wohl auf die Zeitspanne eines halben Jahrhunderts ausdehnen kann?

Draußen Elend und Tod und Hass – innen Wut, Verzweiflung und Verdrossenheit: In dem groben emotionalen Spektrum spielten Punk und Post-Punk in den 70ern und 80ern. Human Abfall bespielen dieses Feld mit „Form Und Zweck“ im Heute. Sicher sind sie da nicht die ersten, siehe „Out“ von Die Nerven oder „Die Unsichtbaren“ von Messer, jedoch schmückt sich die Band aus Stuttgart mit den härteren Bandagen. Melodien entfalten sich selten, die Dissonanz ist es, die den Texten zur Geltung verhilft.

Die Form orientiert sich am Zweck. Ganz ähnlich, nur mit anderem Instrumentarium gehen Sleaford Mods vor. Mal wird aufgekratzt gebellt wie Mark E. Smith, mal repetitiv monologisiert, dadaistisch im Bewusstseinsstrom wie bei den Goldenen Zitronen. Die Gründe der Beschwerde werden mit den Jahren nicht weniger, die Kunst schafft nicht das Elend ab. Mit „Form Und Zweck“ machen das Human Abfall in aller Dringlichkeit deutlich.

Label: Sounds Of Subterrania

Human Abfall live, präsentiert von ByteFM:

17.05.16 Wiesbaden – Schlachthof
18.05.16 Nürnberg – K4
19.05.16 Dresden – Ost-Pol
20.05.16 Berlin – West Germany
21.05.16 Hamburg – Molotow
23.05.16 Köln – Sonic Ballroom
24.05.16 Trier – Exhaus
25.05.16 Würzburg – Cairo
26.05.16 Stuttgart – Schocken
27.05.16 Zürich (CH) – Elmo Delmo @ Keller
28.05.16 Schaffhausen (CH) – Rasafari Open Air
01.06.16 München – Feierwerk
02.06.16 Wien (A) – Rhiz
03.06.16 Wolfsberg (A) – Container 25
04.06.16 Salzburg (A) – Denkmal

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