Konzertbericht: MIT in Stuttgart

Mit Leuchtröhren kann man viel machen: Dinge bleuchten, hauptsächlich. Aber was die Verwendung dieser Fähigkeit angeht, sind dem kreativen Leuchtröhrenverwender keine Grenzen gesetzt.
Die Band MIT aus Köln benutzt Leuchtröhren auf sehr gute Art und Weise: Hinter jedem Musiker des Trios hingen beim Konzert am 06.05. im Stuttgarter Keller Klub jeweils fünf Leuchtröhren untereinander, und sie leuchteten im Rhythmus der Musik. „Schnell langsam, langsam schnell / Hell dunkel, dunkel hell“. Mal weiß, mal blau, mal rot, mal kontinuierlich, mal im Wechsel, mal bildeten sich Muster.

Das klingt nun womöglich nicht besonders spektakulär, hatte aber einen schönen Effekt. Zum einen sah es schlicht sehr gut und durchdacht aus. Zum anderen sah man die Bandmitglieder nur als Schatten. Als schwarz gekleidete, dunkle Gestalten, auf deren Gesichter nur kurz Licht fiel, wenn ein Konzertbesucher sein Telefon zückte und versuchte, per Blitz die Geschehnisse auf der Bühne einzufangen, was damit aber auch gleichzeitig zum Scheitern verurteilt war.
Und das wiederum passt zur Musik von MIT. Schwer greifbar, minimalistisch, kühl und spannungsgeladen. Elektronische Klanglandschaften verbinden sich mit trockenem Schlagzeugspiel, und auch der ätherische und emotionsarme Gesang funktioniert wie eine weitere Klangebene. Es spielt weniger eine Rolle, was Sänger Edi Winarni singt, seine Worte fließen und verschmelzen mit der Musik. An die eher krawallige Synthiepunk-Vergangenheit von MIT wird man nur noch ganz selten erinnert, z.B. wenn Winarni im Refrain von „Pudong“ plötzlich aus dem Nichts heraus und aus vollem Hals des Hais „Hightech, Haut und Flossen“ beschreit. Diese Ausbrüche sind spärlich, aber wenn sie passieren, zuckt man kurz zusammen und spürt die Dringlichkeit der Musik von MIT.

Es wäre also alles angerichtet gewesen für einen großen Konzertabend in Stuttgart. Schade nur, dass der Stuttgarter Konzertgänger an sich zwei große Probleme hat, die nun schon des Öfteren beobachtet wurden:

1.) Er bewegt sich nicht gerne. Er steht lieber. Er beobachtet. Er versucht mit seinem Telefon die Geschehnisses auf der Bühne einzufangen. Aber sich bewegen, das tut er nicht so gerne.
2. und viel schlimmer) Er ist in der klaren Unterzahl. Und zwar in der klaren Unterzahl zu ungefähr allem. Es gibt wahrscheinlich mehr Vogelstraußbesitzer oder Arachibutyrophobiker als Konzertbesucher in Stuttgart, möchte man meinen. Denn da spielt mal wieder eine sehenswerte (und sowohl von Musikpresse als auch Feuilleton wohlwollend besprochene) Band in Stuttgart, und es gehen nur 53 Menschen hin. Das ist nicht geschätzt. Ich habe nachgezählt.

Zu der Party danach, auf der so unspektakuläre wie beliebige Indiemusik aufgelegt wurde, waren plötzlich viermal so viele Menschen. Das soll verstehen, wer will. Sollten MIT hier nochmal spielen, ich werde dort sein. Und tanzen.

Das letzte Konzert ihrer Nanonotes Tour spielen MIT am 07.05. im Feierwerk in München, präsentiert von ByteFM.

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Diskussionen

2 Comments
  1. posted by
    Mai
    Mai 9, 2011 Reply

    Keine Ahnung, ob das stimmt mit dem Publikum in Stuttgart. In Nürnberg waren ca. 80 Besucher beim Konzert. So richtig angekommen sind dort auch nicht. Nanonotes ist zu weiten Teilen sehr Kraftwerk-mäßig. Live fehlt diese Ruhe. Für das wenige Publikum in Nürnberg war es konsequent zu laut. MIT hatten wohl schon für die Festivalsaison geprobt. Weniger „Anheizen“ hätte mir besser gefallen.

  2. posted by
    2030
    Mai 11, 2011 Reply

    Also: 53 BesucherInnen sind jetzt nicht mal der Supergau. Das finde ich nicht so dramatisch. Ich finde es schlimm, dass in Stuttgart prinzipiell wenige spannende Bands spielen. Das liegt zum einen an dem ausschließlich kommerziellen Charakter der meisten Clubs und der Toten Konzertkultur in Stuttgart. Die meisten Clubs in Stuttgart sind einfach nicht sympathisch. Ich mache selber Konzerte hier in der Region. Zum Beispiel werden Flyer, die ich in dem genannten Club auslege schnell entfernt, da Konkurrenz. Stuttgart ist in einem gewissen Bereich so schreckliche Provinz und auch hängen geblieben, das ich weinen muss.

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