(Domino)
8,5
„Lemondale“, das neue Album des renommierten schottischen Jazz-Musikers Bill Wells, ist das Ergebnis eines Experiments. Er versammelte 14 Musiker unterschiedlichster Prägung aus dem Umfeld der japanischen Untergrundszene (inklusive Ex-Sonic-Youth-Mitglied Jim O’Rourke) für einen Tag in einem Tokioer Studio, um diese dann aufeinander loszulassen.
Herausgekommen dabei ist eine äußerst stimmungsvolle, abwechslungsreiche und interessante Platte, die aus der Zeit gefallen zu sein scheint. So drängen sich beim Hören einiger Titel („Courtin‘ Love“, „Invade The Pitch“, „Piano Rolls“) Bilder aus der Ära des klassischen Film Noirs in den Kopf. Kleine verrauchte Bars, Femme Fatales, Robert Mitchum, der in den dunklen Gassen einer amerikanischen Großstadt versucht, Verbrechen auf den Grund zu gehen, während alles von den Klängen einer Jazz-Big-Band begleitet wird. Eine zeitlose, da nicht (mehr) existente Periode, die normalerweise vom heutigen Rezipienten romantisch verklärt wird.
Doch diese auf dem Album geschaffenen Stimmungen werden immer wieder aufgebrochen – gerade schmaucht noch die japanische Sängerin, im nächsten Moment gibt es einen experimentellen Blechbläser-Part, unterlegt mit Frickelei (eines der auf dem Album verwendeten Instrumente ist ein modifizierter Ventilator). Zwischendurch wird dann auch mal ein Feelgood-Instrumental eingeworfen, das von einer der Sufjan-Stevens-Platten seiner „50 States“-Phase stammen könnte, bevor dann alles im grandiosen Titelstück endet. Ebendieses „Lemondale“ ist eine langsame Ballade, der ganze Text besteht dabei nur aus der Wiederholung des namengebenden Zitronentals, während auf der einen Seite die Mundharmonika Erinnerungen an die schönsten und schmachtendsten Morricone-Scores weckt, zeitgleich aber dezente Noise-Klänge daran beteiligt sind, das Gesamtklangbild zu formen.
Die hier zusammengekommenen Musiker spielen allesamt auf höchstem Niveau und man hört ihnen deutlich die Freude an, die sie an dieser Aufnahme hatten. „Lemondale“ ist hierbei eine Platte, die Aufmerksamkeit vom Hörer verlangt, ihn aber durch die vielen musikalischen Spielereien, die man hier entdecken kann, für diese Aufmerksamkeit belohnt.
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