Neue Platten: Junior Boys – „It’s All True“

Wer? Was? Warum? ByteFM Redakteure besprechen eine Auswahl aktueller Neuerscheinungen.

Wer? Seit 2003 sind die Junior Boys in der Form aktiv, wie wir sie heute kennen. Doch der Name Junior Boys wurde bereits in den Neunziger Jahren in Hamilton im kanadischen Bundesstaat Ontario ins Leben gerufen, damals als ein Projekt von Jeremy Greenspan und Johnny Dark. Gerade als Kin Records eine erste 12inch veröffentlichen wollte, verließ Dark jedoch die Band, um andere Ziele zu verfolgen, und ließ Greenspan mit unvollständigen Stücken zurück. Deshalb stieg daraufhin Matt Didemus, ein langjähriger Freund und Musikerkollege Greenspans, in die Band ein und es entstand „Last Exit“, das 2004 auf Kin Records in Europa und kurz danach auf Domino in den USA veröffentlichte Debütalbum der Junior Boys. In den folgenden Jahren hat die Band zwei weitere Alben auf Domino herausgebracht, nun erscheint „It’s All True“, das vierte Werk insgesamt.

Was? Die Junior Boys haben auch auf ihrem neuen Album ihre elektronische Tiefkühl-Romantik behalten. Kühle Klänge vereinen sich nahtlos mit den warmen Sounds analoger Synthesizer, was aber nicht für eine Diskrepanz sorgt, sondern sich perfekt vereint. Über den instrumentalen Klängen liegt Greenspans stets entspannte und beruhigende Stimme. In der Gesamtheit ergibt sich so auch auf „It’s All True“ der typische Junior-Boys-Elektropop, der zahlreiche Einflüsse aufweisen kann: In „Itchy Fingers“ treffen stolpernde, holprige Beats auf chinesische Harfen, das reduzierte Stück „Playtime“ ist gefühlsgeladen, „You’ll improve“ enthält kühle Techno-Anleihen und „Kick The Can“ hat sich mit roboterhaftem Funk vollgesogen.

Warum? Alle Alben der Junior Boys klingen stets sehr rund, sorgen jedoch trotzdem für Abwechslung, eine Abwechslung, die sich vielmehr auf einer subtilen Ebene ergibt, als auf direkte Weise. Dabei hätte es Grund genug gegeben, die Arbeit an „It’s All True“ überhaupt nicht erst aufzunehmen. Zur Zeit, als das Vorgängeralbum „Begone Dull Care“ erschienen ist, fühlte sich die Musikindustrie für Jeremy Greenspan so an, als ginge es mehr um Marketingstrategien als um die Musik an sich. Orson Welles wurde deshalb ein entscheidender Einfluss für Greenspan und „It’s All True“, denn sein Film „F For Fake“ ist ein zynisches Werk darüber, dass es bei Kunst im Allgemeinen eher um Dinge wie Trickserei und Branding als um die Kunst selbst geht. Doch ein vorübergehender Aufenthalt Greenspans in China brachte Erleichterung, da er sich in der fremden Gesellschaft von sämtlichen Lasten befreien konnte. Deshalb arbeitete er noch vor Ort mit lokalen Musikern an den Ideen weiter, die bereits in der Heimat entstanden waren, reifte diese aus und verschaffte ihnen Form. Zurück in Kanada wurde das Album zusammen mit Didemus vervollständigt. Der Titel „It’s All True“ ist ebenfalls eine Referenz an Orson Welles: Einer seiner Filme hätte so heißen sollen, doch wegen Budgetüberschreitung wurde er niemals fertiggestellt. Ein Glück, dass „It’s All True“ nicht das gleiche Schicksal ereilte, beherrschen die Junior Boys die Kunst, gute und stimmige Elektropop-Alben zu machen, doch sehr gut.

Label: Domino | Kaufen

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