Neue Platten: Lee Fields & The Expressions – „Emma Jean“

Lee Fields & The Expressions - Emma Jean (Truth & Soul)Lee Fields & The Expressions – „Emma Jean“ (Truth & Soul)

6,0

Fangen wir mit einem Zitat aus einer Rezension zu „Emma Jean“ von zumic.com an: „Fields has a story to tell and you’ve gotta respect that.“ In dieser Rezension ist das durch und durch positiv gemeint. Allerdings offenbart dieser Satz auch eine Wahrheit, die sich für mich als Rezensenten während des Hörens offenbart hat: You’ve gotta respect that. Man hat es zu respektieren. Das tue ich. Lee Fields präsentiert astreinen Retro-Soul-Sound ohne viele Ecken und Kanten, zum Reinlegen, Mitleiden, Berieseln-Lassen. Und „Emma Jean“ startet auch sehr respektabel. „Just Can’t Win“ groovt mit einer funky Bass-Glockenspiel-Orgel-Line vor sich hin, Fields erzählt mit seiner beeindruckenden, raspelig-souligen Stimme davon, dass man einfach nicht gewinnen kann. Dann ein Fade-out und man kann zufrieden sein; so hat sich das anzuhören, so geht Soul. So kann das Album weitergehen, und so geht es auch weiter. Wie man es sich in seiner Soul-Wohlfühlzone wünschen kann. Um noch mal auf das Eingangszitat zurückzukommen: Das respektiere ich, aber das reißt mich musikalisch nicht vom Hocker.

Musikalisch am auffälligsten, sollte man sich nicht mit dem Hashtag „Retro-Soul“ zufriedengeben, sind dann dementsprechend auch die beiden Cover-Versionen auf dem Album, quasi „not his story“: „Magnolia“, im Original von J. J. Cale und „In The Woods“, das unter dem Namen „Out In The Woods“ einst von Leon Russell veröffentlicht wurde. „Magnolia“ wird vom Arrangement her deutlich aufgepeppt. Während die Instrumente im Original dezent akzentuierend agieren, lassen The Expressions ihrer Spielfreude an dem schönen Akkordschema ihren freien Lauf. Zudem bekommt der von J. J. Cale im Original eher gehauchte Text einen ordentlich souligen Anstrich – was allerdings hervorragend funktioniert. Aus der Intimität des Originals wird dadurch aber auch etwas deutlich Offensiveres. Man hat hier nicht so viel Teil am Leid des Sängers über die verlorene Liebe, als dass dieses einem viel mehr von einem Gegenüber präsentiert wird. Trotzdem eine starke Nummer.

Symptomatisch hingegen ist dieses Umgehen der eigentlich sehr stillen Nummer Cales für einen Schwachpunkt des Albums – das Ausbleiben einer ausdifferenzierteren Dynamik im Sound. The Expressions als Begleitband sind für dieses Album sicherlich hervorragend gewählt, sie wissen genau, wo ein kleines Gitarrenfill, ein paar „Ouuuhs“, gut gelaunte Bläser und eine funky Bassline sitzen müssen. Kein klassisches Versatzstück eines Soul-Songs fehlt. Aber die Ausbrüche aus diesem Modell erfolgen zu selten. Das Album wirkt dadurch soundtechnisch auf Dauer eher träge. Kaum ein Song ist zu finden, in dem nicht mindestens einmal ein Unisono-Einsatz der Instrumente zu hören ist. Aber könnte nicht auch hier ein gelegentliches Weniger mal mehr sein? Der Überraschungsfaktor ist damit eher gering. Aber: Das ist von einem alten Recken im Geschäft auch so zu erwarten gewesen. Der Soul-Hörer bekommt mit „Emma Jean“ das, was ihm gefällt und was dem Genre schicklich ist. Gewagt wird hier allerdings nicht viel. Der Schuster bleibt bei seinen Leisten, aber das macht er durchweg solide, mit einigen Höhepunkten wie dem schön-melancholischen „Still Gets Me Down“ oder „Stand By Your Side“, die allerdings auch nicht aus ihren Schuhen herauswachsen.

Man kann auf Albumlänge den Retro-Soul hochhalten, die Produktion hochschrauben und klassische Höhepunkte des Souls, den melismatischen Gesang, das Aufschwingen zu Leid-Tönen, aufarbeiten. Aber man muss es nicht. Einen Vergleich darf man daher vielleicht noch anstellen: Ein Bobby Womack, ähnliches Baujahr wie Fields, hat anno 2012 mit „The Bravest Man In The Universe“ seinen Stiefel, um bei den Schuhmetaphern zu bleiben, ganz schön neu geschnürt. Allerdings haben an diesem Album dann die Fans eines Lee Fields vielleicht nicht so viel Spaß.

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