Neue Platten: Reptile Youth – "Reptile Youth"

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7,5

Ein wenig ist es der klassische Groschenroman: Frau trifft unbekannten Mann und umgekehrt. „Hey, es ist so, als würde ich dich schon ewig kennen.“ „Du hast recht, lass uns doch eben ein oder zwei Hürden überwinden und dann auf ewig zusammen sein.“ Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Kennen wir.

Mit Reptile Youth ist es ein bisschen wie im eigenen Groschenroman. Die erste Single „Speeddance“ kennen wir gefühlt schon ewig und wissen um ihre Klasse. Doch das Gefühl ist echt: Schließlich haben die beiden Dänen Mads Damsgaard Kristiansen und Esben Valløe diesen Track bereits Anfang des Jahres als erste Single ausgekoppelt. Seitdem bohrt er sich in die Köpfe von Besuchern der Indie-Diskotheken dieser Welt. Dadurch werden allerdings auch die Erwartungen an das mit dem Bandnamen betitelte Debütalbum immens hochgeschraubt und auch Kritiker geizen nicht mit Vorschusslorbeeren. Die Messlatte ist also auf hohem Niveau.

Und wie ist sie nun geworden, die neue und erste Reptile Youth? Insgesamt gesehen ist der Band ein rundes, fröhliches Elektropop-Album gelungen, womit sie sich nicht verstecken braucht. Energiegeladene Pop-Euphorie haben Reptile Youth zu ihrem Markenzeichen erklärt und in dem Punkt halten die beiden ihr Versprechen; schlechte Laune muss man sich woanders abholen. „A Flash In The Forest“ provoziert Mitsingen, „Morning Sun“ hätte auch als Soundtrack mit Text für das Computerspiel „Die Sims“ durchgehen können und zu „Speeddance“ haben wir alle schon mal getanzt. Das heimliche Highlight des Albums ist aber „Dead End“, auch wenn hier, wie so oft übrigens auf der Platte, auf erfolgreiche Pferde gesetzt wird. Mit schweren monotonen Bässen ist es das düsterste Lied auf „Reptile Youth“. Das alleine rechtfertigt natürlich nicht die Proklamation zum Highlight, aber der Titel gehört zu genau jener Kategorie Song, die irgendwie total gut ist und deswegen in Werbungen für Mittelklasseautos mit gutem Kurvenverhalten gespielt wird. Das Duett mit Selina Lannie von der dänischen Frauenband Nelson Can „Be My Yoko Ono“ gehört zum okayen Rest der Platte.

Mit den erwähnten Tracks hat „Reptile Youth“ mehr Höhen als Tiefen. Doch wie bei einem Groschenroman, setzen unsere metaphorischen Autoren ein bisschen zu sehr auf Altbewährtes, als dass man der angekündigten „Wirkung als Neuerfindung der Musik“ oder dem „Versprechen an das Außergewöhnliche“ gerecht wird. Dazu gehört mehr Mut. Trotzdem hat das Album das Potenzial, eine obere Chartplatzierung zu erreichen.

Reptile Youth im Interview mit Christoph Möller gibt es hier.

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Diskussionen

1 Kommentar
  1. posted by
    ∆FFEKT » Blog für Kultur und Relevantes » Reptile Youth — Album und Tour
    Nov 15, 2012 Reply

    […] der beiden Jungs aus Kopenhagen gestolpert sein und sich dort von ihrem kurz darauf erschienenen selbstbetitelten Debüt überzeugt […]

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