Neue Platten: Sølyst – "Lead"

Von nilsrabe, 11. April 2013

Sølyst - Lead (Bureau B)Sølyst – „Lead“ (Bureau B)

7,5

Nach fast 20 Jahren als Schlagzeuger von Kreidler legt Thomas Klein unter dem Pseudonym Sølyst nun sein zweites Soloalbum auf Bureau B vor. „Lead“ ist eine hypnotisch-verstörende und gleichzeitig rabiate Reise in eine andere Welt – der Hörer findet sich inmitten einer kargen Landschaft wieder. Die ersten Töne reißen eine klaffende Schlucht in den vertrockneten Boden und zerren uns hinab in die beängstigenden Tiefen der Dunkelheit. Dort martern düstere Synthesizer-Muster, bedrohlich klingende Bassläufe, treibende Trommel-Figuren und kavernöse Percussion-Effekte unseren Gehörnerv. Trotz der Vielzahl an deprimierenden Momenten, gibt es am Ende der Reise einen versöhnlichen Ausklang.

Die schwermütige Musik auf „Lead“ unterscheidet sich nicht großartig von der Kreidlers, jener einflussreichen Band aus Düsseldorf, deren Musik aus elektronischen und analogen Instrumenten besteht. Auch bei Sølyst treffen analoge Drums auf elektronisch generierte Muster, jedoch steht hier die Monotonie deutlich mehr im Vordergrund. Die Beats, die Effekte, die Drums – Klein betreibt hier musikalische Hypnose und erreicht dadurch eine rhythmische Ekstase mit gekonnt minimalen, aber extrem effektiven Mitteln. Zurückhaltend und zugleich treibend beschreibt es ganz gut. Oder: metallisch, kalt, düster, pulsierend – die musikalische Vielfalt umschließt den Hals des Hörers und lässt ihn nicht mehr los. Eine surreale und zugleich irritierende Reise in die eigene Gefühlswelt. Dadurch fällt es sichtlich schwer, passende Referenzen zu finden. Minimal, Krautrock und Dub treffen es wohl noch am ehesten.

Zehn Stücke in knapp 50 Minuten sind auf „Lead“ vertreten. Der Opener „Pierbourg“ zerrt uns entschlossen in die Tiefen des Unbekannten, in eine undefinierbare Dunkelheit und steht exemplarisch für die kalte und düstere Atmosphäre des gesamten Albums. Ein heftig stampfender Beat schreitet unbeirrt seinen Weg und hinterlässt keinen Zweifel an seiner unerschütterlichen Entschlossenheit, alles Fruchtbare dieser Welt in eine Einöde zu verwandeln. Drums, Percussion, Synthesizer und knöchig-karge Melodie-Fragmente charakterisieren den Sound der nächsten 40 Minuten. Nach mehreren ekstatischen und pulsierenden Momenten voller bleierner Härte endet die Klein’sche Reise mit „Schnee“ dennoch versöhnlich. Die Dunkelheit verschwindet und eröffnet uns mit einer hypnotisch-entspannten Melodie einen befreienden Blick zum Himmel.

„Lead“ demonstriert auf beklemmende Art und Weise, inwieweit die menschliche Psyche strapaziert werden kann. Kleins virtuoser Gebrauch der Drums und Percussion wird hierbei zum zentralen Element und stimuliert unsere Gefühlswelt. Unser Innenleben wird in verschiedene Richtungen gereizt – ein Wechselbad zwischen beklemmend-kalter Distanz und hypnotisch-wärmender Nähe. Die elektronischen Sound-Muster und -Sequenzen formen sich zu starken, emotionalen Gebilden. Der spannendste und aufregendste Aspekt dieser Platte liegt demnach in der lebhaften Interaktion von (akustischen) Drums und elektronischen Sounds – zwei perfekt miteinander harmonierende Komponenten.

Label: Bureau B | Kaufen

Das könnte Dich auch interessieren:

  • Jamie xx – „In Colour“ (Album der Woche)
    Dance-Musik macht Jamie xx glücklich. Mit seinem Debütalbum "In Colour" gibt der 26-Jährige ein Stück von diesem Glück weiter. "In Colour" ist ein in vielen Farben schillerndes House-Dubstep-Amalgam. Soundschnipsel aus Jungle-Dokus und hochkarätige Gäste treffen auf pluckernde Arpeggios, dröhnende Synths und lässige Beats....
  • Cover des Albums Yes Lawd! von NxWorries
    Knxwledge bastelt lässige Samples à la Madlib, Anderson .Paak rappt locker und mit viel Soul darüber. Ein paar uneilige Beats dazu – fertig ist „Yes Lawd!“, das Debüt der HipHop-Kollaboration mit dem Namen NxWorries....
  • Klez.e – „Desintegration“ (Album der Woche)
    Mit "Desintegration" schauen Klez.e zurück ins Jahr 1989. Das Album ist eine Hommage an ihre Jugend und an damals wie heute vergötterte Wave-Bands wie The Cure, die Schwermut so schön in Musik verpackten....


Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.