Neue Platten: Terminal Sound System – „Dust Songs“

Cover des Albums Dust Songs von Terminal Sound SystemTerminal Sound System – „Dust Songs“ (Denovali)

8,3

Schon der Name klingt nach Apokalypse – bedeutet der englische Begriff „terminal“ doch neben „abschließend“ auch „todgeweiht“. Mit seinem neuen Album dringt der aus Melbourne stammende Musiker Skye Klein alias Terminal Sound System weiter als je zuvor in die dunklen, verwinkelten Wälder der Vergänglichkeit. Einer Welt, in der das ultimativ Vergängliche, der Tod, immer noch unbehaglich, aber längst keine Bedrohung mehr ist, sondern im Gegenteil eine Chance, das Hier und Jetzt in all seinen Absurditäten und Widersprüchen zu bejahen.

Mit den virtuos verschalteten Versatzstücken aus entschlacktem Post-Rock, verzerrtem Dub und strangem Folk erzählt „Dust Songs“ von den unsichtbaren und unheimlichen Dingen, die uns umgeben. Der Song „By The Meadow“ etwa beginnt zunächst mit einem Rauschen, bevor eine gezupfte Gitarrenmelodie ihre Kreise dreht und die verhaucht-geisterhafte Stimme Kleins einsetzt. Nach einer zehnsekündigen Pause beginnt alles neu, diesmal mit einem subtilen Beat und einem angezerrten Drone, der sich langsam hochsteigert wie eine unerwartete Sturmböe, um gegen Ende in einer Klimax zu enden.

Während die Vorgängeralben noch vorwiegend elektronisch geprägt waren, rücken auf „Dust Songs“ der Gesang und die Akustikgitarre in den Vordergrund, was der Musik im Zusammenspiel mit den düster-abstrakten Klangtexturen eine, wenn auch entrückte, fast außerweltliche Menschlichkeit verleiht.

Bis zum Schluss erzeugt das Album mit seinen amorphen Soundtexturen einen ambivalenten, traumartigen Zustand, der an eine Art Narkose im Wachzustand erinnert. Das liegt womöglich auch an der Aufnahmetechnik. Alle Tracks des Albums wurden mit einem Taperecorder aufgenommen, wodurch sich die Loops innerhalb der Stücke stets überlagern und dabei immer wieder zu diffusen Klanggebilden aufschichten.

„Dust Songs“ ist eine Ode an das Nicht-Perfekte und das Störgeräusch – sei es das unablässige Rauschen eines alten Magnetbandes oder das Leiern, das klingt wie eine zu oft abgespielte Kassette, die, wie in „Keepers“, geisterhaft aus den Boxen zu kriechen scheint. In einer Zeit der allgegenwärtigen Sauberkeit, in der wir durch die Perfektion des Digitalen keinen Schmutz mehr kennen, ist das Album vor allem ein ästhetisches Statement. Eine Huldigung an all die Dinge, die mal gelebt haben und uns nur noch in vergänglichen Aggregatzuständen begegnen, als Staub oder Asche – „dust“ eben.

Label: Denovali

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