Neue Platten: The Audience – "Hearts"

(Hazelwood/Avantpop)(Hazelwood/Avantpop)

7,8

Hach ja, Franken erweist sich als ein unheimlich produktives Musikland. Nun steht die nächste Veröffentlichung an, die den Tag „Nürnberg“ trägt. Das Album „Hearts“ kommt von The Audience, um die es vor etwa drei Jahren etwas still wurde. Dabei hatten sie 2007 und 2008 bereits zwei Alben veröffentlicht, die gar nicht so schlecht ankamen. Die Besinnungspause hat aber scheinbar noch einmal genutzt – jetzt wollen es die fünf Musiker aus Hersbruck bei Nürnberg wirklich wissen. Das neue Album und gleich zwei Videoproduktionen, das klingt so ausgreift, als hätten sie jahrelang nichts anderes gemacht und kämen grade aus den UK-Charts für einige Konzerte nach Deutschland.

Vielleicht haben sie in den drei Jahren in ihrer Funktion als Publikum statt als Band (Entschuldigung, der Bandname lädt aber auch dazu ein) einfach viel gute Musik gehört. So nimmt The Audience einige Einflüsse auf.

Was finden wir also auf „Hearts“ davon? Wir haben hier feinsten, gitarrenlastigen, rockigen Indie-Schramms, getragen von teils sehr melancholischen Vocals, oft dramatischem Hall und einer ziemlich präsenten Bass-Gitarre. Irgendwo zwischen Post-Wave und Post-Rock und Post-Punk-Prog-Rost kann das rockige Publikum aber auch mal ruhiger sein, wie im letzten Stück „Blinding Beams“. Angeblich liegt das Herz einer jeden Platte ja im vorletzten Stück, hier scheint es der letzte Song zu sein.

So gesehen sind dann die ersten beiden Stücke der Kopf, Repräsentanten des Albums und passenderweise die Singleauskopplungen. Vielleicht ein bisschen viel für den Anfang, weckt aber wie gewollt das Interesse des Gegenübers. Nach dem „Schön-dich-kennenzulernen“-Gerede vom Anfang (u. a. „Wolves“) kommt das Innere der Platte zum Vorschein. Dies deutet sich in „Waves“ schon mal an, wird später noch eindringlicher („Sirens“), bleibt aber ehrlich und zeigt dann sein Herz im letzten Stück. Am Ende ein wirklich netter Abend mit diesem Album, das sich dir so schön präsentiert hat, aber die Frage ist: Gehst du mit ihm oder lieber allein nach Hause?

Das Einzige, was hier nicht aufgeht, ist vielleicht der Titel und das Cover: „Hearts“ und ein Bündel Haare. Aber wahrscheinlich steht da eine riesengroße kunstgeschichtliche Idee dahinter, genau wie hinter den ganzen Post-Genres, die diese Band mit diesem Album anspielt.

Wurde ja auch mal Zeit, dass sich der Rezipient (ja, genau – das Publikum) gegen die einseitige Kommunikation der Musikbranche wendet und sich einmischt – eine ordentliche Platte.

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