Neue Platten: Veronica Falls – „Veronica Falls“

Von kathy

(Bella Union/Cooperative Music)

9,4

Es ist verdammt kalt geworden. Die Blätter fallen massenhaft von den Bäumen und endlich ist Schluss mit Gute-Laune-Sommer-Wohlfühl-Pop. Der Herbst-Soundtrack muss her. Glücklichweise gibt es Veronica Falls. Roxanne Clifford und James Hoare, beide für Gesang und Gitarre zuständig, Bassistin Marion Herbain und Schlagzeuger Patrick Doyle bilden das Quartett, welches zur einen Hälfte aus Glasgow und zur anderen Hälfte aus London kommt und nun dort sesshaft ist. Getroffen haben sie sich bezeichnenderweise bei einem Konzert der britischen Band Comet Gain in London. Nur 10 Minuten, nachdem die Band ihre Myspace-Seite online gestellt hatte, wurde Mike Sniper, Chef des New Yorker Musiklabels Captured Tracks, auf die Band aufmerksam und nahm sie sofort unter Vertrag. Das nach der Band selbst betitelte Debüt wurde in nur zwei Wochen eingespielt und versammelt nun zwölf Songs, von denen sie seit der Gründung 2009 drei bereits erfolgreich als Singles veröffentlichten.

„Found Love In A Graveyard“ heißt der erste Song, der gleich alle Stärken der Band in sich vereint. „Found Love“, singt James Hoare, während leise die Melodie angesummt wird. Die Stimme von Roxanne Clifford klingt dabei manchmal rau und dann doch wieder lieblich zart. Immer wieder gibt es ein „Whoohoohoo“ im Hintergrund zu hören. Der Song baut sich langsam aber sicher auf, bis es zum Refrain kommt: „I’m broken-hearted / dearly departed“ heißt es in diesem leicht morbiden Liebessong.

Wenn man auf die Texte achtet, klingt fast jeder Song nach einer minderschweren Depression, aber die Musik hat dabei etwas ausdrücklich Zuversichtliches und Auf-die-Schulter-Hauendes, dass man so sich so schnell nicht unterkriegen lassen wird. „Nicht mit mir!“, möchte man rufen! Der Song mit dem deprimierendsten Titel, „Misery“ ist dabei der fröhlichste von allen. „Misery’s got a hold on me / misery my old friend“, wird geträllert, als sei es das Schönste auf der Welt. „Misery“ ist dabei ein weiterer Song, der die Stärke der Band verdeutlicht: Traurigkeit und Fröhlichkeit liegen ganz nah beieinander.

„Bad Feeling“ ist auch alles andere als ein optimistischer Titel. „I’ve got a bad feeling / and it’s not going away“,wird in diesem Song immer wieder gesungen, aber durch die Ennio-Morricone-Gitarre am Anfang, kombiniert mit viel „Aaaaahaaaahs“ und „Whoooohoooos“, wird sich abermals gegen dieses Gefühl aufgelehnt. „Stephen“, der „King Of Everything“, war die B-Seite der Single „Found Love In A Graveyard“. Dort werden der perfekte Boyfriend besungen und, bei all der Einfachheit des Textes, wunderbare harmonische Melodien verint.

Das Stück „Veronica Falls“ wird von einem wunderbaren Bass getragen, bei dem etwas Feines, etwas Melancholisches mitschwingt, einer der schönsten Songs des Albums. Man möchte am liebsten weinend die Welt umarmen, und die Band gleich mit, weil der Song etwas so Tröstendes ausstrahlt und einen selbst ganz fest an sich drückt, ohne dabei kitschig zu wirken.

Ist es schlimm, wenn bei jedem Song Assoziationen im Kopf aufpoppen? Tiger Trap, The Pastels, Go Sailor, bereits erwähnte Comet Gain, aber auch Neueres: Best Coast, The Pains Of Being Pure At Heart oder die Vivian Girls. Die Vorbilder sind klar herauszuhören. Aber nein, es ist nicht schlimm, sondern eine herzerwärmende Bereicherung. Noch Stunden nach dem Hören des Albums wird man sich dabei ertappen, wie man fröhlich „Misery’s got a hold on me / misery my old friend“ vor sich hin summt und in sich hinein lächelt. Wenn man zu dieser Musik nicht durch Blätterberge hüpfen möchte, dann hilft am Ende wahrscheinlich nur eine Riesenflasche Sanostol oder eben eine Umarmung.

Veronica Falls – Bad Feeling from Philippa Bloomfield on Vimeo.

Label: Bella Union/Cooperative Music | Kaufen

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