Nilüfer Yanya – „Miss Universe“ (Rezension)

Von Marius Magaard, 22. März 2019

Cover des Albums „Miss Universe“ von Nilüfer Yanya (ATO)

Nilüfer Yanya – „Miss Universe“ (ATO)

8,3

Nilüfer Yanya brauchte nur vier Singles, um von der internationalen Musik-Blogosphäre als Retterin der Gitarrenmusik gehuldigt zu werden. Und hört man diese, weiß man auch schnell warum: Songs wie „Thanks 4 Nothing“ vereinen die seltsame Pop- und R&B-Sensibilität von KünstlerInnen wie Frank Ocean oder FKA Twigs mit Rock-Refrains. Wenn die 23-jährige Londonderin große Gitarren-Riffs aus ihrem Instrument schleudert, dann klingt das nicht nur ganz und gar unpeinlich – sondern auch noch elegant. Jetzt stellt sich die entscheidende Frage: Kann sie das auch auf Albumlänge?

Und wie sie das kann. „Miss Universe“ ist eine wahrlich mächtige Platte geworden. Ein Kraftbeweis von einem Album, das einem im guten Fünf-Minuten-Takt die Kinnlade herunterfallen lässt. Nach einem roboterhaften Intro startet „In Your Head“ von Null auf Hundert – mit einem Refrain aus purem Endorphin. „Paralysed“ und „Angels“ lullen einen erst mit kantigen Midtempo-Grooves ein, nur um dann Hooklines auszupacken, die sich direkt am Hirnlappen festkrallen.

Fluider Post-Genre-Pop

Trotz des Fokus auf Gitarren-Riffs ist „Miss Universe“ mehr als nur ein Rockalbum. Die 17 Songs der Musikerin, deren Vorbilder unter anderem Amy Winehouse oder die Pixies sind, bewegen sich frei zwischen verschiedensten Einflüssen, ohne sich auf irgendwas festzulegen. Die einzigen Konstanten sind Yanyas zwischen gehauchtem Falsett und kräftigem Gesang wechselnde Stimme und ihr Haken schlagendes Gitarrenspiel – mit dem sie ihre Songs in jede Richtung lenken kann, die ihr beliebt. „Baby Blu“ beginnt als introspektive Ballade und endet mit einem pulsierenden House-Finale. „Tears“ klingt fast wie der Downtempo-Pop von Tirzah. „Safety Net“ erinnert am Anfang fast an den New-Wave von The Police, entpuppt sich dann jedoch als schwerelose Neo-R&B-Ballade in der Tradition von Solange Knowles.

Nilüfer Yanya ist also viel mehr als nur eine Retterin der Gitarrenmusik. „Miss Universe“ ist großer Post-Genre-Pop. Stets im Fluss, nie verharrend, konstant mitreißend.

Veröffentlichung: 22. März 2019
Label: ATO

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