Øya, oh yeah!

Von alex

Tønder Festival© Johannes Granseth| Øya Festival

Befragt nach dem Sound of Norway, wäre mir bis vor kurzem ad hoc nicht viel mehr eingefallen als Erlend Øye, Røyksopp, A-ha und Datarock, vielleicht noch Ten Sing und Heavy Metal. Dass das ziemlich ignorant ist, dieses schöne Land eine spannende Musikszene zu bieten hat und es die Norweger vor allem auch verstehen, gute Musik-Events zu veranstalten, beweist das Øya Festival seit nunmehr 14 Jahren.

Austragungsort ist Oslo – mit nur rund 626.000 Einwohnern eine der kleineren europäischen Hauptstädte, aber bekannt für sein reges Kulturleben im Allgemeinen und seine lebendige Livemusik-Szene im Speziellen. Das Øya Festival leistet dazu ohne Frage einen erheblichen Beitrag – und auch dieses Jahr haben die Organisatoren wieder ein großartiges Line-Up aus nationalen und internationalen, unbekannten und namhaften Musiker zusammengestellt, um vom 6. bis zum 10. August den geschichtsträchtigen Osloer Mittelalterpark zu bespielen.

Den Auftakt bildet am Dienstag der Øya Club Day, eine Plattform für unbekannte norwegische Musiker. Einen Abend lang spielen junge Bands und Solo-Künstler verteilt über die ganze Stadt in ca. 25 unterschiedlichen Venues – wegen der überschaubaren Größe Oslos allesamt problemlos fußläufig zu erreichen. Die musikalische Spannweite ist dafür umso größer: Vom klavierlastigen Dreampop der Singer/Songwriterin Therese Aune über den bärtigen Soul von Comet Kid und Rap-Rave des Duos Tomorrow We Move To Hawaii reicht sie bis zum energiegeladenen 60’s Garagerock der Band mit dem unsäglichen Namen Death By Unga Bunga. Bei weitem nicht alle Musiker können mich mit einem souveränen Auftritt überzeugen oder mit musikalischem Einfallsreichtum glänzen, aber ich bekomme einen guten Eindruck vom Nachtleben der Stadt und einen Appetizer auf das eigentliche Festival.

Startschuss dafür ist Mittwoch, 14 Uhr. Die Sonne, die wunderschöne Kulisse und die Aussicht auf vier Tage guter Musik zaubern ein Lächeln auf die Gesichter der unverschämt gut aussehenden Festivalbesucher. Mein Pflichtprogramm startet erst gegen 17 Uhr, so dass mir genug Zeit bleibt, vorher das Gelände zu erkunden: Insgesamt vier Bühnen gibt es, zwei große Haupt- und eine kleinere Bühne Open Air sowie eine Indoor-Bühne – in optimaler Distanz voneinander, um einerseits einen schnellen Standortwechsel zu ermöglichen, aber andererseits gegenseitige Störung zu vermeiden. Wer eine Verschnaufpause braucht, setzt sich ans Wasser, genießt den Blick auf die Skyline Oslos und die hochwertigen (aber leider nicht ganz günstigen) Speisen und Getränke.

Tønder Festival© Johannes Granseth| Wu Tang @ Øya Festival

Schon der erste Tag hat einige Highlights zu bieten: Mount Kimbie spielen zwar für meinen Geschmack ein bisschen früh, aber ihr Sound funktioniert auch unter freiem Himmel zur Kaffee- und Kuchenzeit. Die Alabama Shakes rund um das Energiebündel Brittany Howard wissen und lieben, was sie tun und legen einen untadeligen Auftritt hin. Wu Tang feiert sein 20-jähriges Bühnenjubiläum ziemlich lustlos, aber das Publikum stört sich daran in keinster Weise und feiert die Hits dafür umso enthusiastischer. Eine Art Best of gibt es auch vom zweiten Headliner: Blur – denen ich aber nur kurz lausche. Lieber lasse ich mich von Cashmere Cats Turntable-Künsten in Stimmung bringen für das anschließende Programm des Nighttime Øya – jeden Tag nach Festivalende kann in einer Handvoll Clubs der Stadt zu einem auserlesenen Line Up von DJs und Live-Acts weiter getanzt werden.

Rap ist für mich das große Thema an Tag 2: Danny Brown (einfach großartig!) und Kendrick Lamar (grundsolide) sind meine wichtigsten Programmpunkte. Rodriguez zieht nach dem Film „Searching For Sugar Man“ die Massen an, weiß mich aber live nicht so recht zu überzeugen. Godspeed You! Black Emperor sind massiv, Grimes für meinen Geschmack zu poppig und Beyoncés Schwester Solange hat ihr Konzert komplett abgesagt.
Ebenso – zu meiner großen Enttäuschung – die US-Rapperin Azealia Banks: Sie sollte eigentlich am Freitag auf der Bühne stehen, hat es sich aber anders überlegt. Dafür entschädigen die Schweden Goat, die ich bislang noch nicht kannte, deren Live-Shows aber offensichtlich legendär sind. Mit Legenden endet auch dieser Abend: Die Elektronik-Pioniere Kraftwerk sind mit ihrer 3D-Show heutiger Headliner (neben Beach House). Ich brauche ein Weilchen, um mich hinein zu fühlen, witzele zuerst noch, ob die vier an ihren Pulten wirklich Musik machen oder nur E-Mails checken und Tetris spielen. Bis auch ich mich der dritten Dimension nicht mehr entziehen kann.

Samstag schließlich wird ein durchwachsenes Finish: Zunächst versuche ich einen Hype zu verstehen – jenen um das Schwestern-Trio Haim – aber nach ihrer flachen Performance bin ich nicht schlauer als zuvor. Der gebürtige Londoner und Wahl-Wiener SOHN hingegen schafft es, mich mit dem Soul in seiner Stimme und den vertrackten Beats richtiggehend zu verzaubern. Angel Haze langweilt – zu monoton sind ihre Raps und es fehlen saftige Beats. Zum Glück gibt es aber ein fulminantes Finale mit zwei Headlinern, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Auf der einen Seite die Metal-Ikonen Slayer, die trotz des kürzlichen Todes ihres Gitarristen Jeff Hanneman weiter auf Tour sind. Und auf der zweiten Hauptbühne – mehr Tanzperformance als Konzert: die Schweden The Knife. Ihre „Shaking The Habitual“-Show zwingt das Publikum zum Mitmachen und bringt es kurz vor Schluss noch mal ordentlich in Wallung.

Bis plötzlich der letzte Ton verklingt, sich die Bühnen verdunkeln und nur noch das Exit-Zeichen leuchtet, um den Weg hinunter vom Festivalgelände zu weisen. Übrigens zum vorerst letzten Mal auf den Jahrtausende alten Ruinen: 2014 verlässt das Øya für Umbauten den Mittelalterpark, um 2019 zum 20. Jubiläum zurückzukehren. Spätestens dann bin ich auch wieder dabei!

Mehr Informationen über das Øya Festival und einen akustischen Eindruck bekommt Ihr übrigens in der nächsten Ausgabe der Sendung In Takt. Neben einigen der hier Erwähnten gibt es dann u.a. auch Musik von John Talabot, Mykki Blanco, André Bratten und The 2 Bears – am Freitag, 16. August, ab 21 Uhr.

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Diskussionen

1 Kommentar
  1. posted by
    Name!
    Aug 13, 2013 Reply

    Ein super Artikel und eine deftige Erinnerung daran, nächstes Jahr nach Norwegen zu fahren!

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