Planningtorock – „Powerhouse“ (Album der Woche)

Planningtorock - „Powerhouse“ (Album der Woche)

Planningtorock – „Powerhouse“ (DFA)

„Misogyny Drop Dead“, „Patriarchy Over & Out“, „Let‘s Talk About Gender Baby“ – als Jam Rostron, besser bekannt unter dem Namen Planningtorock, das letzte Mal ein Studioalbum veröffentlichte, hagelte es Schlachtrufe. Mit klaren Worten sagte dier nichtbinäre, genderqueere DIY-Künstler*in dem Hass und der Unterdrückung den Kampf an, vereint unter einem Albumtitel, der gleichzeitig auch als allumfassendes Credo dieser Platte gelesen werden kann: „All Love‘s Legal“. Die Waffe: umarmende Dancefloor-Hymnen, zusammengestellt aus kunstvollem R&B, Synth- und Electro-Pop, komplettiert durch Rostrons unnachahmlichen Gesang.

Auf der Oberfläche hat sich beim vierten Planningtorock-Album „Powerhouse“ nicht viel geändert. Rostrons Stimme ist immer noch von Autotune und anderen Gesangseffekten verzerrt, körper- und geschlechtslos durch den Raum schwebend. Die Beats sind mal tanzbar und dringlich, mal schwerelos und experimentell. Doch in den Texten offenbart Planningtorock eine neue Tiefe: Wo „All Love‘s Legal“ noch eine nach außen gerichtete Kampfansage war, richtet Rostron den Blick auf „Powerhouse“ nach innen – mit entwaffnenden, wundervollen Ergebnissen.

Der Vorgänger begann mit der einladenden Umarmung „Welcome“, doch auf dem Album „Powerhouse“ weht ein anderer Wind: „Opening these old wounds / I don‘t remember you / But you remember me“, heißt es in „Wounds“, begleitet von melancholischen Synthesizer-Flächen. Rostron lässt tief in die eigenen Unsicherheiten und Verletzungen blicken, die das Leben diesem 47-jährigen Menschen zugefügt hat. In „Dear Brother“ versucht Rostron sihrem Bruder zu vergeben. Auch wenn die Art des zugefügten Traumas nicht ausgesprochen wird, sprechen die düsteren Klavier-Akkorde und Planningtorocks tief verletzter Gesang eine eigene Sprache.

Der Blick nach innen

Diese introspektiven Songs machen die Momente, in denen dann doch wieder die hymnenhaften Songs hervorblitzen, umso stärker. In „Somethings More Painful Than Others“ wird Schmerz in einen waschechten House-Banger verwandelt, während die Synthesizer-Fanfaren in „Transome“ und die verspielten Querflöten in „Much To Touch“ pure Lebensfreude ausstrahlen. Der abschließende Titeltrack enthüllt auf bewegende Art und Weise, wer das titelgebende „Powerhouse“ – eine Bezeichnung für eine besonders starke, beeindruckende Person – ist: Rostrons Mutter Janet.

Und dann gibt es da noch „Beulah Loves Dancing“, mit dem Planningtorock auf sehr persönliche Art und Weise das Credo dieses Albums demonstriert: Musik kann heilen. Rostron erzählt in den Spoken-Word-Strophen von sihrer Schwester und deren zurückgezogenes Leben als Autistin. Die einzige Sache, die sie mit Energie versorgte: House-Musik. Und immer wenn der Vater von ihren Tanzeskapaden genervt war, hatte die Mutter eine deutliche Antwort: „Then he’d be like, Janet, I’m gonna go up and say something‘ / And my mom looked at him and she’s been like / ‚Don’t you say a word!‘.“

Veröffentlichung: 9. November 2018
Label: DFA

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