Rückblick: Slam 2012 in Heidelberg und Mannheim

Uwe LehmannPierre Jarawan (©Uwe Lehmann)

Der neue Meister ist gekürt, die Abschlussparty gefeiert und die Slam-Gemeinde hat sich wieder über Deutschland, Österreich und die Schweiz verteilt. Vom 13.11. bis 17.11. veranstaltete das Deutsch-Amerikanische Institut die 16. deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften in Heidelberg und Mannheim. An den Start gingen über 100 (!) Teilnehmer in den Kategorien: U20, Team und Einzel. Für diejenigen unter Euch, die noch nie bei einem Poetry Slam waren, hier kurz ein paar Worte zur Erläuterung: 

Bei einem Poetry Slam werden selbst verfasste Texte vorgetragen. Form und Thema der Texte sind frei. Das Zeitlimit für den Vortrag beträgt fünf Minuten. Hilfsmittel sind nicht erlaubt. Um als Meister aus dem Dichterwettstreit hervorzugehen, gilt es die Vorrunde, das Halbfinale und das Finale zu bestehen. Schließlich müssen sich die beiden besten Finalteilnehmer in einem alles entscheidenden Stechen duellieren.
In jeder Runde wird ein neuer Text zum besten gegeben, außer im finalen Stechen. Dort ist es erlaubt, den Text aus der Vorrunde zu wiederholen (das wird später noch wichtig!).

Bei den diesjährigen Poetry-Slam-Meisterschaften ging es schon in der Vorrunde gut los. Wegen des Reglements (s.o.) bekam man hier schon den ein oder anderen schwergewichtigen Text zu hören. Die Themenpalette war außerordentlich vielseitig. Neben dem obligatorischen Thema des Scheiterns einer zwischenmenschlichen Beziehung, bekam man auch einen wirklich lustigen Einblick in die Gefühlswelt des Winters, der dem Frühling mal so richtig seine Meinung sagte („Die schönste Blume des Winters ist der Weihnachtsbaum“). 
Aber auch bitter ernste Themen wurden geboten. Ein Poet versetzte sich in die Rolle eines pedophilen Kinderschänders, der ein kleines Mädchen an den Stuhlgefesselt hatte und mit der Nichtaktzeptanz seiner Liebe zu dem Kind seitens der Gesellschaft kämpfte. 
Man konnte den genrellen Zwiespalt der Poeten spüren: Witzige Texte kamen meistens gut beim Publikum an, mit lyrischen und ernsten Texten war es etwas schwerer eine sehr gute Wertung zu erhalten. Die meisten Slammer sind jedoch der Sprache wegen dabei und nicht wegen Mario Barth. 

Das Finale fand in Heidelberg vor ausverkauftem Haus statt. Aus den drei Halbfinalen qualifizierten sich jeweils die besten drei Poeten. Aus diesen neun Teilnehmern wurden wiederum die beiden besten für das Stechen gesucht. Und so kam es, wie es kommen musste. Im Finale standen sich Kontraste gegenüber: Jan Philipp Zymny, mit einer äußerst amüsanten, aber sprachlich nicht sonderlich durchdachten 5-Minuten-Pseudowerbung für ein Wunderelexir namens „Awesome“ und Pierre Jarawan (im Bild) mit seinem lyrisch und sprachlich sehr durchdachten, aber nicht sonderlich lustigen Text. Größer könnte der Gegensatz fast nicht sein. Und so war auch das Publikum gespalten als es zur entscheidenden Applausabstimmung kam. Für beide Poeten brandete ohrenbetäubender Jubel auf. Ein Unterschied war nicht auszumachen. 

Doch eigentlich war das Stechen im Finale schon nach dem ersten Satz von Jan-Phillip entschieden als er sagte: „Dieser Text ist sehr laut geschrieben.“  Den Personen, die am Vortag bei seinem Halbfinale waren, kamen diese Worte überraschend bekannt vor. Auf der Empore, wo die Slammer saßen, wurde es unruhig. Jan gab auf der Bühne sein bestes, das Publikum johlte vor Lachen. Doch was sie da zum Lachen brachte, schickte Jan am Vortag ins Finale- Laut eingangs erwähntem Regelwerk bedeutete dies nun seinen technischen K.O..

Pierre Jarawan wurde per Applausabstimmung zum Sieger gekührt und durfte die Wandertrophäe von Vorjahressieger Nektarios Vlachopoulos mit nach Hause nehmen. Hierbei handelt es sich übrigends nicht um einen glänzenden Pokal, sondern über einen in die Jahre gekommenen Wanderstock. In der Teamwertung konnten die Vorjahressieger vom „Team Totale Zerstörung“ ihren Titel verteidigen. Im U20 Finale siegte Jule Weber.

Hier findet Ihr das Finale zum Streamen.

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