Saroos – „Tardis“ (Rezension)

Von Christoph Büscher, 11. Februar 2016

Cover des Albums Tardis von SaroosSaroos – „Tardis“ (Alien Transistor)

8,5

Saroos ist ein Instrumental-Trio aus Berlin und München, dessen Mitglieder Florian Zimmer, Christoph Brandner und Max Punktezahl ansonsten in den Bands Driftmachine, Lali Puna und The Notwist spielen. Auf ihrem vierten Album „Tardis“ perfektioniert die Band eine Art retro-futuristischen Krautrock, der seinen speziellen Reiz aus der Vielfalt elektronischer Sounds, dubbiger Basslinien und verklärten Melodien mit Psychedelia-Einschlag bezieht.

Man kann sein Album nicht „Tardis“ nennen, ohne dabei irgendwie auf „Doctor Who“ Bezug zu nehmen – dazu ist die gleichnamige Zeitreise-Kapsel aus der britischen Science-Fiction-Serie doch zu sehr eine Pop-Ikone. Trotzdem wollen Saroos die Platte nicht als Konzeptalbum verstanden wissen, und tatsächlich wurde der Titelsong bereits vor einem Jahr noch unter dem Namen „Pocket Dub“ auf der SoundCloud-Seite der Band vorgestellt. „Tardis“ passt trotzdem toll in die Reihe der Sci-Fi-Referenzen und Verweise auf klassische Horror- und Abenteuerromane, die Saroos bereits auf ihrem 2013er Album „Return“ zur Betitelung ihres exotischen Klanguniversums benutzt haben. Tracks wie „Clotho“, „Weaver’s Cave“, „The Sandstone Readout“ oder „Séance“ umreißen auch diesmal eine Traumwelt, die voll von okkulten Orte, mythologischen Kreaturen und geheimnisvollen Geschichten ist.

Bereits das Eröffnungstück „Weaver’s Cave“ macht die Grundlagen des Saroos-Sounds deutlich. Da sind stoisch pluckernde Synthesizer, das gemessen groovende Schlagzeug von Christoph Brandner und vor allem die hypnotische, in sich ruhende Basslinie, die große Teile des Sechs-Minuten-Songs auf dem Grundton verweilt und nur gelegentlich in kleine Melodieläufe ausbricht. Auf dieses minimalistische, repetitive Grundgerüst schichten Saroos dann jedoch jede Menge andere Klangfarben. Es flirrt und fiept, unzählige kleine Einsprengsel und die langsam an- und abschwellenden Banjo- und Gitarren-Arpeggien der beiden Gastmusiker Ron Schickler und Hannes Lehmann (Contriva, Oum Shatt) sorgen für einen atmosphärisch dichten Gesamtklang.

Auch die übrigen Stücke des Album folgen diesem Prinzip: wenig Brüche, stattdessen lang gezogene Passagen, in denen die Klangdichte immer wieder erhöht und abgebaut wird. Repetitive Loops und ein mal treibendes, mal verschlepptes Schlagzeug dienen als Leinwand für eine Vielzahl disparater Klänge, die jedem Stück einen eigenen Charakter geben. „La Déesse“ klingt zum Beispiel mit Glockengeläut und seiner stark verhallten Gitarrenmelodie ein wenig nach Western-Soundtrack, wären da nicht gleichzeitig eine geisterhaft wabernde Orgel und jede Menge Space-Sounds zu hören. Und bei „Orange Book“ kommt angesichts des wuchtigen Schlagzeug-Beats fast ein wenig HipHop-Feeling auf, doch der verwaschene Hintergrundgesang und eine traurige Flötenmelodie geben dem Ganzen dann doch eine eher weltentrückte Note.

„Tardis“ klingt wie aus der Zeit gefallen und gleichzeitig wie ein homogenes Ganzes. Das verdankt die Band wohl auch ihrem Produzenten Tadklimp, der bereits das Vorgängeralbum „Return“ aufgenommen hat und zuletzt für die Band Fenster ein ebenfalls beeindruckendes Dream-Pop-Album produzierte. Saroos ist so eine Platte voller wundersamer Miniatur-Soundtracks gelungen, die zu eingehender Erkundung einlädt und in der man sich leicht verlieren kann. Ein Album, das – genau wie die Zeitreisekapsel Doctor Whos – innen größer ist, als es von außen betrachtet den Anschein hat.

Label: Alien Transistor

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