Stella im HAU2

Nach sechs Jahren Abstinenz stand die Hamburger Band Stella wieder in Berlin auf der Bühne – im Theaterkombinat HAU2.
Nach der Gesprächsveranstaltung „Plattenspieler“ mit Thomas Meinecke, der zusammen mit Thomas Dorau Plattencover begutachtet und sich in popkulturellen Spitzfindigkeiten ausgetauscht hatte, füllte sich die bestuhlte Veranstaltungshalle mit etwa 60 Zuhörern. Ein Sitzkonzert also, dachte man sich, ein ruhiger Ausklang des Dienstagabends.

Stella betraten die Bühne und fingen an, ihre Setlist abzuarbeiten. „Es ist glaube ich der merkwürdigste Auftritt, den ich je hatte“, bemerkte Elena Lange und die Zuhörer in der ersten Reihe schienen zu ahnen, worauf dieses fragwürdige Kompliment abzielte.
Man solle doch bitte nach vorne kommen, aufstehen, der Müdigkeit trotzen und sich dem Beat ergeben. Wirklich merkwürdig war nun die Befolgung dieser Aufforderung, weil die Grenze zwischen wirklicher Tanzwut und Höflichkeitsbekundung fließend blieb. Wer einmal sitzt, stellt sich nur schwer auf ein Stehkonzert ein. Es entstand eine unbequeme Situation, die „Tanzfläche“ konnte durch das übersichtliche Publikum nicht gefüllt werden und es blieb für den Rest des Abends bei einem zustimmenden Mitwippen.

Musikalisch fand die Band eine Balance zwischen alten Elektro-Pop-Nummern aus früheren Alben wie „Finger On The Trigger For The Years To Come“ oder „Extralife“ und dem im Sommer erschienenen „Fukui“. Das sorgte nicht nur für Abwechslung, sondern pointierte auch die beeindruckende musikalische Weiterentwicklung zu einem reduzierten Kammerpop mit japanischen Texten.
Elena Lange schloss ihre Doktorarbeit in Japan ab und ließ die Einflüsse dieser Kultur in den MPC und Synthesizer einfließen. Knappe, fein dosierte elektronische Sounds treffen sich mit einer unaufdringlichen, harmonischen Melodik, die im Vergleich zu ihren früheren Aufnahmen fast schon zu reduziert wirkt. Die japanische Sprache tut ihr Übriges und plötzlich lässt sich Stella nicht mehr in die Schublade „Hamburger Schule“ stecken. Thies Mynther und Mense Reents, beide an den verdrahteten Apparaturen zur Rechten und Linken Langes, imitierten die asiatische Schlichtheit mit ihrem androiden Auftreten. Die Assoziation zu Kraftwerk wurde geradezu provoziert.

Psychisch anstrengend wurde das Konzert durch ein zeitweise zu hoch gepitchtes Piepen und den nervösen Gebrauch des Stroboskops. Das mühevoll vor sich versammelte Publikum drehte der Band den Rücken zu und musste die Augen verschließen. Die halten das nicht aus, die Berliner.
Dennoch war das Auftreten des Trios routiniert: in eingespieltes Team, das eine runde Show abliefert. Mehr aber auch nicht. Es scheint, als ob auch nicht viel Neues zu erwarten sei, schon gar nichts Überraschendes. So wirkte leider auch die Zugabe, die bei Konzerten leider viel zu oft zur Routinenummer wird. Manchmal ist weniger mehr und hinterlässt größeren Eindruck als das antizipierte Abspielen der erfolgreichsten Single.

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