Get Well Soon – „Love“ (Rezension)

Cover des Albums Love von Get Well SoonGet Well Soon – „Love“ (Caroline)

6,5

Konstantin Gropper alias Get Well Soon und die Luftfahrt – das scheint eine Geschichte mit viel Potenzial zu sein. Zwei seiner letzten EPs zirkeln darum („The Lufthansa Heist“ und „Henry – The Infinite Desire Of Heinrich Zeppelin Alfred Von Nullmeyer“) und jetzt setzt Gropper die Liebe mit einer Luftbrücke gleich. Sie ist aber nicht nur das, sondern auch Katalog, Nebel, Durcheinander und ein zärtliches Labyrinth – das sagen zumindest die Titel der Songs auf der neuen Platte von Get Well Soon. Die heißt „Love“ und widmet sich natürlich dem Thema, das seit der Epoche der Romantik so omnipräsent in Literatur, Musik, Bild usw. ist.

Die Gründung einer Kleinfamilie, das erfüllte Leben in der romantischen Zweierbeziehung mit Kind, dieser Umstand hat Gropper etwas in die Richtung des Themas gelenkt. Kitschige Liebeslieder sind ihm nach eigener Aussage nicht gelungen, aber etwas Kitsch und Pathos haben es aufs Album geschafft. Dem Orchestralen war Get Well Soon ja schon seit dem Debüt zugewandt. Das setzt sich auf „Love“ fein durch – durch Streicher in verschiedenen Tonfarben, durch Background-Gesang, der den hellen Hintergrund zu Groppers tönendem Bariton schafft.

Groovende, glissandi-geschmückte Stücke wie „It’s A Tender Maze“ und „It’s An Airlift“ erinnern an die geerdete Theatralik von Tindersticks. Ruhig, gesetzt, etwas dunkel geht es auch an anderer Stelle zu (bei „33“ oder „It’s Love“ beispielsweise), das Abheben lässt aber nicht lang auf sich warten. „It’s A Catalogue“ wird von hoffnungsvoll-poppigem Synthesizer angeführt, genauso heilsam wippt „Eulogy“ auf und ab, mit fließenden Akkordwechseln und schillernden Arrangements. Zauberhafte Synthiechöre bringen das Quäntchen undefinierbare Sehnsucht in „Young Count Falls For Nurse“, textlich eine Aufzählung von Rosamunde-Pilcher-Titeln.

Schöne Arrangements zwischen überbordendem Baroque und schwingendem Indie-Pop machen „Love“ aus, dazwischen melancholische Ruhepunkte, und über allem der wohlklingende Bariton von Konstantin Gropper. Eine runde Sache, kaum eine Dissonanz oder Kante. Aber das will Get Well Soon anscheinend auch nicht. Mit „Love“ könnte sich der talentierte Pop-Songwriter Gropper als Größe der hiesigen Musiklandschaft etablieren.

Label: Caroline

Das könnte Dich auch interessieren:

  • PJ Harvey – „The Hope Six Demolition Project“ (Album der Woche)
    Textlich trocken, musikalisch dramatisch - das ist „The Hope Six Demolition Project“, das neunte Album von PJ Harvey. Trostlose Impressionen aus Afghanistan, dem Kosovo und den USA packt Harvey in aufwühlende Rock-Arrangements und spickt diese mit Blues, Gospel und Spirituals....
  • Cover des Albums Views von Drake
    Das neue Album von Drake klingt laut eigener Aussage so, wie er sich gerade fühlt. Es muss einsam sein im Drake-Land. Doch er leidet für uns alle. Sein neues Album „Views“ zementiert seine Stellung nicht an der Spitze eines Genres, sondern als ein eigenes Genre....
  • Girl Ray – „Earl Grey“ (Album der Woche)
    Girl Rays Debütalbum „Earl Grey“ klingt nach einem Sommer voller Melancholie und bester Freundinnen – zartbitter, ein bisschen schläfrig und unschuldig, und dabei ziemlich lässig....


Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert