IDK – „F65“ (Rezension)

Cover des Albums „F65“ von IDK

IDK – „F65“ (Clue No Clue / Warner)

7,0

Beinahe auf den Tag genau ein Jahr nach seinem dritten Album „Simple.“ präsentiert der US-amerikanische Rapper IDK den Nachfolger „F65“. Der Titel und das Artwork spielen auf Autorennen an und in der Tat gehört der Rennsport zu den Inspirationen des MCs aus Maryland. Doch dies gehört eher zur ästhetischen Ebene, die den Longplayer zusammenhält. Gewissermaßen als strahlende Karosserie eines Vehikels, das persönliche und gesellschaftliche Anliegen transportiert. IDK selbst beschreibt „F65“ als selbsterschaffenen „Ort, an dem man frei und ehrlich sein kann, vorausgesetzt, man respektiert alle Menschen in dieser Welt“. Ein Ort für ein „seltenes Gespräch [über das Leben als] Person of Color in dieser Welt“. Damit steckt IDK für sein viertes Album einen breiten, aber anspruchsvollen Rahmen ab.

Schon häufiger hat der MC seine Mixtapes und Alben mit einem thematischen Überbau versehen. So spielten Männlichkeitsbilder, Trauma und Spiritualität größere Rollen auf LPs wie „USee4Yourself“ (2021). Das ist ihm oft eloquent gelungen, mit seinem Flow zwischen Rap und Gesang auf Beats zwischen Dirty South und Jazz-Rap. Zwar erinnert sein Style häufig an Kendrick Lamar, wirkt aber durch die überzeugende Darbietung nie epigonenhaft. Woran sich IDK in der Vergangenheit manchmal hingegen eher verhoben hat, ist das Albumformat an sich. Während er noch keine schlechte EP vorgelegt hat, tat den Alben die Fallhöhe zwischen den stets vorhandenen Bangern und den schwächeren Stücken nicht gut. Nun ist die neue LP arm an hittauglichen Bangern. Einzig der Afrobeats-Track „Elmina“ mit dem nigerianischen Sänger Tay Iwar hat wirkliche Dancefloor-Qualitäten. Doch das heißt nicht, dass das Gesamtwerk misslungen wäre.

Soziale und musikalische Kontraste

Die oft harten Realitäten, die er auf dem Album behandelt, kontrastiert IDK mit seiner eigenen Erfolgsgeschichte, die ihn aber auch nicht ausnimmt von gesellschaftlich etabliertem Rassismus. Obschon er selbst in einem soliden Viertel aufgewachsen ist, hatte der Rapper Freunde aus Sozialbausiedlungen. So ist ihm der Gang-Alltag nicht fremd, auch wenn er ihn nicht gelebt hat. Auch musikalisch schafft IDK Kontraste. Nicht nur durch ein souveränes Navigieren durch verschiedene Arten des HipHop, sondern auch durch ruhige, jazzige Interludes. Zu dieser Gegenüberstellung inspirierte den Rapper „das Gefühl, meinen Mercedes AMG mit hoher Geschwindigkeit zu beruhigender Jazzmusik zu fahren. Jede Melodie [auf dem Album] sollte sich anfühlen, als würde man zu Jazzmusik rasen.“ Entsprechend eröffnet die LP nach einem gesprochenen, von Kontrabass unterlegten Vorwort mit dem beseelten Trap-Kracher „Pit Stop“. Ein starker Start zu einer Reise durch verschiedene Klanglandschaften und oft unbequeme soziale Wirklichkeiten.

Während der Kontrast zwischen Jazz und minimalistisch-drückenden Trap-Beats knallt und funktioniert, verneigt sich IDK im letzten Albumdrittel vor dem Soul eines Stevie Wonder. Dessen „Superwoman“ covert er sogar gemeinsam mit Musiq Soulchild, als letzten Song vor einem instrumentalen Latin-Jazz-Outro. Zwar sind dies auch bisweilen tolle Stücke, aber vielleicht schlägt IDK hier dann doch einen Haken zuviel für ein rundes, konsistentes Album. Dennoch ist das Projekt reich an Höhepunkten, die sich mit Polizei- („Mr. Police“) und Gang-Gewalt („Radioactive“) beschäftigen oder wie „Thug Tear“ einfach dramaturgisch elegante Rap-Tracks mit guter Hookline sind.

Veröffentlichung: 5. Mai 2023
Label: Clue No Clue / Warner


Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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