Omni – „Multi-Task“ (Rezension)

Cover des Albums „Multi-Task“ von Omni (Trouble In Mind)Omni – „Multi-Task“ (Trouble In Mind)

7,9

Schon mal beim Multi-Tasking den PC abgeschossen? Bestimmt, oder? Frankie Broyles, Philip Frobos und Doug Bleichner von Omni aus Atlanta, Georgia, scheinen das Phänomen nicht zu kennen. Besitzen die drei etwa besonders leistungsstarke Computer und/oder führen sie ein Leben voller fokussierter Achtsamkeit? Schwierig, sich darüber ein genaues Bild zu machen. Jedenfalls weist das zweite Album von Omni mit dem Titel „Multi-Task“ auf keinerlei Systemüberlastung hin.

Nagelneue Platinen auf dem Indie-Rock-Motherboard sind die Akteure von Omni aber nicht. Broyles hat sich bisher als Gitarrist und Sänger bei Deerhunter und Balkans einen Namen gemacht, Frobos war lange Zeit Sänger und Gitarrist der ebenfalls aus Atlanta stammenden Band Carnivores. Ihr neuer Drummer Doug Bleichner war zuvor bei Warehouse aktiv. Gemein haben diese Projekte alle eine Leidenschaft für schräge, vielschichtige Gitarrenmusik. Daher ist es auch kaum überraschend, dass ihr 2016er Debüt „Deluxe” als origineller, aufputschender Lo-Fi-Pop um die Ecke gezappelt kam.

Nach einer ausgedehnten Tour zu „Deluxe” entstand „Multi-Task“ in Kooperation mit Ex-Carnivores-Mitglied und Produzent Nathaniel Higgins teilweise im Übungsraum und in einer abgelegenen Hütte. Also doch eine Art Vorsichtsmaßnahme gegen die Reizüberflutung und Paralleltätigkeiten? Naja. Ohne die Geisel der Moderne ging’s dann doch nicht: Broyles war neben all dem kreativen Gitarren-Wahnsinn während der Aufnahmen auch für das tanzbar-agile Drumming verantwortlich.

Wenn man dem aufgekratzten Opener „Southbound Station“ glauben schenken mag, war die Flucht ins kreative Exil der Waldhütte wohl keine schlechte Idee. Frobos besingt stoisch die Dringlichkeit des Nachtlebens in Atlanta. Man fühlt sich direkt in ein Wochenende mit rauschvollen Hausparties katapultiert. Der ekstatische Entdeckungstrip des Trios galoppiert auf „Equestrian“ mit verspielter Leichtigkeit voran. Hier finden sich auch die ersten hymnischen Synthesizer in Omnis Holterdiepolter-Pop ein. „You can’t afford it/ You know you’re worth it“: Ein Kommentar zu fancy Hotelbesuchen außerhalb der monetären Reichweite.

Der Instant-Hit „Choke“ huldigt mit seinem Stop-and-Go-Schlagzeug und sprunghaft-funkiger Gitarren-Bass-Melodik den Helden der schottischen Schrammel-Disko Orange Juice oder Josef K. Zur Songmitte von „Heard My Name“ zwitschern Televisions „Marquee Moon“-Gedächtnis-Gitarren durchs Stereobild und bestätigen dem Trio gute Referenzen ohne jedoch ins Epigonentum abzugleiten.

Omnis schrullig-unkonventioneller Sound, mehr Proto- als Post-Punk, ist auf dem zweiten Album ebenso wie das Songwriting gezielt und gelungen verfeinert worden. Ein bis zwei erhabene Synthmelodien hier, ein bisschen räumliches Geklimper auf einem verstimmten Barpiano da. Dazu Frankie Broyles wahnwitzige Gitarren-Arpeggios, die zwischen scheinbarer Dissonanz und Konsonanz hin- und herflattern und hervorragend mit Frobos melodischen Bass-Geplucker und unaufgeregtem Sprechgesang ergänzen. So schütteln Omni auf „Multi-Task“ mit scheinbar großer Leichtigkeit reihenweise catchige Zweiminüter aus den hochgekrempelten Ärmeln, ohne sich in ihren zahlreichen Melodie-und Rhythmik-Spielereien aufzuhängen. Guter Arbeitsspeicher scheinbar.

Veröffentlichung: 22. September 2017
Label: Trouble In Mind

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