Marie Davidson & L’Œil Nu (Foto: Jocelyn Michel)
Goodbye Dancefloor: Marie Davidson hatte schon immer eine ambivalente Beziehung zur elektronischen Tanzmusik – ihr drittes Soloalbum hieß nicht umsonst „Adieux Au Dancefloor“. Die Kanadierin, die auch in dem Minimal-Wave-Duo Essaie Pas aktiv ist, beleuchtete in ihren Tracks stets die guten und die schlechten Seiten des Clubs. Die Euphorie auf der einen Seite, die Übermüdung und Selbstzerstörung auf der anderen. Dem besagten Albumtitel zum Trotz siegte bisher stets die Euphorie. Nun ist es Zeit für eine Erneuerung.
„Renegade Breakdown“, ihr nun angekündigtes fünftes Soloalbum, soll genau die mit sich bringen. Wobei „Soloalbum“ nicht ganz richtig ist, als Interpret ist Marie Davidson & L’Œil Nu (französisch für „mit bloßem Auge“) genannt – sprich, eine Band. Und wie es sich für eine Band gehört, ist das Titelstück mehr Song als Track: „Renegade Breakdown“ ist strahlender Retro-Synth-Pop, an der Schnittstelle zwischen Giorgio Moroder und Grace Jones. Die Drums ballern mächtig, der Disco-Bass schreitet selbstbewusst voran. Goodbye Dancefloor, indeed.
Musikalisch wirkt „Renegade Breakdown“ wie ein astraler Pop-Hit. Textlich wählt Davidson aber eine etwas interessantere Richtung: „Oh by the way, there are no money makers on this record / This time, I’m exploring the loser’s point of view“, intoniert ihr lakonischer Sprechgesang. Sie will nicht einfach nur großen Pop für Gewinner*innen machen. In ihrer Musik ist auch Platz für die Schattenseiten. Da ist sie wieder, ihre hochspannende Ambivalenz.
Das Album „Renegade Breakdown“ von Marie Davidson & L’Œil Nu wird am 25. September 2020 auf Ninja Tune erscheinen. Der Titelsong ist unser Track des Tages. Hört ihn Euch hier an: