Canadian Content Pleasence Records

Introducing: Pleasence Records aus Toronto.

Canadian Content stellt hin und wieder Indie- und DIY-Labels aus Kanada vor. Eines davon ist heute das gut etablierte Label Pleasence Records. Fabian Ebeling hat dem Gründer James Lindsay vor der Sendung ein paar Fragen geschickt.

Fabian: Wann hast du Pleasence Records gegründet und was hat dich dazu bewegt?

James: Ich habe Pleasence 2010 mit Deidre O'Sullivan gegründet, die mittlerweile aber nicht mehr dabei ist. Wir waren große Fans herausfordernder, experimenteller Musik in Toronto und hatten das Gefühl, dass sie auf Labels unterrepräsentiert war. Zuerst wollten wir nur eine 7-Inch unserer Lieblingspunkband Induced Labour veröffentlichen. Dann ging es aber Schlag auf Schlag und seit 2010 haben wir Musik von 45 MusikerInnen veröffentlicht.

Fabian: Auf deiner Website heißt es, Pleasence habe ein Faible für seltsame Musik. Was heißt das für dich?

James: Das heißt, dass man gezielt gegen Konventionen in der Musik vorgeht. Man kennt die Regeln, bricht sie aber ganz bewusst.

Fabian: Wie findest du die Bands, die du veröffentlichst?

James: Die meisten Bands, die bei Pleasence rauskommen, kannte ich vorher persönlich oder ich habe sie nach einem Konzert angesprochen. In Toronto kann man jeden Abend neue Musik erleben, in dieser Hinsicht ist man hier sehr privilegiert. Man kann den neuen Sachen also gar nicht ausweichen. Ich höre mir aber auch alle Demos an, die bei mir ankommen. Eine der neuesten Bands auf Pleasence, Traitrs, schickten mir aus dem Nichts ein großartiges Demo. Sie hatten zuvor noch nicht einmal live gespielt, wirkten aber schon sehr professionell, da konnte ich nicht nein sagen. Ein Jahr nach ihrer Veröffentlichung wird ihre Debut-EP auf Vinyl neu veröffentlicht und wir planen gerade ein paar Konzerte in Europa.

Fabian: Platten herauszubringen kostet ja auch etwas; wie finanzierst du dein Label?

James: Nachdem meine Mutter gestorben war, erbte ich 2008 ihr Haus. Das habe ich mit einem Freund renoviert und danach verkauft. Mit dem Geld wollte ich etwas Sinnvolles anfangen. Ich habe einiges davon investiert und mit den Erträgen daraus konnte ich dann Pleasence finanzieren. In den ersten Jahren habe ich Verluste gemacht, es dauerte eine Weile, bis ich lernte, wie man Platten verkauft. Auch jetzt mache ich keinen Profit mit dem Label, verliere aber auch kein Geld mehr dabei.

Fabian: Was ist denn dein "echter" Job?

James: Ich arbeite seit mehr als zehn Jahren als Buchhändler und habe in verschiedenen Büchläden in Toronto gearbeitet. Ansonsten arbeite ich für Open Book, das ist eine Website, die die literarische Szene Ontarios abbildet. Dort interviewe ich meistens DichterIinnen über das Dichten. Außerdem kam mein erster eigener Gedichtband, "Our Inland Sea", 2015 heraus.

Fabian: Welche Musik hörst du am Liebsten?

James: Ich komme immer wieder auf die Zeit des Post-Punk zurück, also ungefähr von 1978 bis 1983. Bands aus dieser Zeit sind nicht wirklich durch einen gleichartigen Sound verbunden. Sie ähnelten sich vielmehr darin, dass sie vom Punk beeinflusst waren und seine musikalischen Einschränkungen aufbrechen wollten. The Fall oder DNA, die festgefahrene Vorstellungen der Musik so weit wie möglich auflösen wollten, dann aber gab es die Talking Heads oder Orange Juice, die versuchten, Popsongs neu zu definieren. "Geht nicht" gab es da nicht. Immer, wenn ich neue Musik höre, die mir gefällt, denke ich darüber oft, wie über Post-Punk: als eine Reaktion auf Regeln, als Demonstration dafür, wie sie gebrochen werden können.