Knuspern Leck mich am Mikro

Mein Onkel August spielte leidenschaftlich gern E-Melodika. Jedes Jahr zu Hallo-wen? musste sich unsere ganze Familie bei ihm in der Garage einfinden, um seinen gar nicht mal so gelungenen Karnevalslieder-Coverversionen zu lauschen. Onkel August duldete weder Fernbleiben noch Applaus, und so herrschte nach jedem der 16 bis 20 Songs immer Totenstille in dem völlig überfüllten Raum.
Als wir die Tortur dann überstanden hatten, kam Tante Nena und gab uns allen einen aus. Das war immer der schöne Teil des Hallo-wen?-Treffens. Die meisten Eltern verabschiedeten sich dann recht bald, so dass wir Kinder den Abend noch ohne Aufsicht in der Garage verbringen konnten. Wir füllten dann Onkel August jedes Mal mit Kürbisschnaps ab bis er endlich seinen Modularsynthie raus holte, um zum Tanz aufzuspielen. Ein Großes Hallo war das immer.

Heute liegt die Garage verwaist in einer Seitenstraße hinter dem Hertie und niemand kümmert sich mehr um den Onkel. Oder um den Synthie. Die Melodika hat Tante Nena damals im Garten verbrannt, bevor sie Onkel August für den Drehorgelspieler aus der Fussgängerzone verließ.
So spielt halt das Leben.