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Kramladen 71 und ein bisschen neu

ByteFM: Kramladen vom 24.10.2013

Ausgabe vom 24.10.2013: 71 und ein bisschen neu

Paul McCartney neues Album NEW

„So many times I had to change the pain to laughter / just to keep from getting crazed”. Diese Zeile aus dem neuen Song „Early Days“ sei eine philosophische Betrachtung über das Leben an und für sich, sagte der Textautor und Philosoph Paul McCartney in einem Interview mit einem renommierten Journalisten aus dem Kulturbetrieb. Früher hätte man Paul-„Had-A-Little-Lamb“-McCartney für solch eine Aussage bestenfalls belächelt. Der Sänger und Songschreiber von „Silly Love Songs“ darf einen seiner Texte ungestraft philosophisch nennen? Bei den meinungsführenden kritischen Musikjournalisten hatte Paul McCartney gut drei Jahrzehnte lang keinen guten Stand, war für so manchen gestrengen Kritiker fast so etwas wie ein Watschenmann. In den Feuilletons der Qualitätszeitungen und in den arrivierteren Musikzeitschriften wurden McCartney-Platten lange Jahre entweder ignoriert, mit Nasenrümpfen bedacht, oder verrissen.

Das ist spätestens seit dem Album „Chaos And Creation In The Backyard“ von 2005 anders – und, seit „NEW“ am 11.10. in Deutschland, am 14.10. in England und am 15.10. in den USA veröffentlicht wurde, ist das ganz anders. Einige wenige kritteln zwar immer noch, aber die weitaus überwiegende Mehrzahl lobt das neue Album zum Teil geradezu überschwänglich – was allerdings auch wieder übertrieben ist. Paul McCartney ist zwar nicht plötzlich hip geworden oder gar cool, aber er ist wieder „in“ und in die Reihe der geachteten und anerkannten Popkünstler zurückgekehrt.

Tatsächlich demonstriert McCartney mit „NEW“, dass er, anders als die meisten Pop-Granden seiner Generation, nicht in Rückschau und Bewahrung stehen bleiben will, sondern mit Innovationen – in freilich beschränktem Maß – bei der aktuellen Popentwicklung dabei sein will. Trotz seines fortgeschrittenen Alters von 71 Jahren, „NEW“ ist kein Alterswerk. Das Album schöpft zwar musikalisch aus der eigenen Geschichte, blickt aber mutig nach vorn. Das zeigt sich weniger in der Substanz der Songkompositionen, als vielmehr in der Ausgestaltung des Klangbildes. Daran hatten vier verschiedene, junge und angesagte Produzenten einen entscheidenden Anteil. Pauls neue Songs klingen frisch und absolut zeitgemäß, sind klanglich teilweise mutig und experimentierfreudig. Erstaunlicherweise singt er sehr oft im Falsett, wobei seine Kopfstimme deutlich „dünner“ klingt als seine inzwischen auch schon leicht brüchige normale Bruststimme.

Noch nie zuvor in Pauls Solowerk gab es in neu geschriebenen Songs von ihm so viele Anleihen, Querbezüge und Erinnerungsspuren zu seiner großen Vergangenheit mit den Beatles wie im Album „NEW“. Dennoch ist „NEW“ kein modernes Beatles-Album geworden. Die Qualität von „Revolver“ oder „Sgt. Pepper“ bleibt auch für McCartney weiterhin unerreichbar.

Sollte jemand eine Bewertung in Punkten vom Schreiber dieser Zeilen haben wollen, ich halte 6,5 von 10 möglichen für angemessen. Die komplette, ausführliche und detaillierte Plattenbesprechung findet sich auf www.volker-rebell.de


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Playlist

1.  L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik)
Touch Me There / Zappa Records
2.  Paul McCartney / Struggle
NEW / Concord Music Group, Hear Music, Universal
3.  Paul McCartney / I Can Bet
NEW / Concord Music Group, Hear Music, Universal
4.  Paul McCartney / New
NEW / Concord Music Group, Hear Music, Universal
5.  Paul McCartney / Early Days
NEW / Concord Music Group, Hear Music, Universal
6.  Paul McCartney / On My Way To Work
NEW / Concord Music Group, Hear Music, Universal
7.  Paul McCartney / Hosanna
NEW / Concord Music Group, Hear Music, Universal
8.  Paul McCartney / Road
NEW / Concord Music Group, Hear Music, Universal
9.  Paul McCartney / Scared
NEW / Concord Music Group, Hear Music, Universal
10.  Paul McCartney / Appreciate
NEW / Concord Music Group, Hear Music, Universal