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Was ist Musik Danke, De:Bug

ByteFM: Was ist Musik vom 23.03.2014

Ausgabe vom 23.03.2014: Danke, De:Bug

„De:Bug wollte immer alles vereinen: Musik, Technik, Netz, Selbstbeherrschung. Wir wollten die Schnittstelle zum Glück sein. Das Glück aber liegt am Ende wohl nicht unbedingt zwischen gedruckten Seiten. An Ideen für alternative Modelle hat es uns nie gemangelt, allein die Umsetzung aus dem Flickenteppich der Unabhängigkeit heraus erwies sich aber immer als unmöglich“ (Erklärung zur Einstellung von De:Bug). Die 181. wird die letzte Ausgabe eines Magazins sein, das 1997 getan hat, was sein kryptischer Name versprach: „Einen Fehler aufspüren und reparieren“, heißt to de:bug in Computersprech. Der Fehler, den die Gründergeneration gefunden hatte, war eher eine Lücke. Zwar gab es Ende der Neunziger Magazine wie Frontpage, die sich mit elektronischer Tanzmusik beschäftigten. Die ganze Tragweite der digitalen Revolution wurde jedoch erst von De:Bug erfaßt, daher der längst sprichwörtliche Untertitel: Elektronische Lebensaspekte. Edward Snowden war vierzehn, wir lasen The Face, nicht Facebook. Ausgerechnet jetzt, da auch Netzphobiker erkennen müssen, dass dieses Internetdingens unser Leben verändert, kapitulieren die Pioniere vor der Logik des digitalen Kapitalismus. Nach dieser ist mit avancierter Pop-Kritik im Netz kein Geld zu verdienen.

Um die Pionierleistungen von De:Bug angemessen zu würdigen, starten wir das Projekt De14181310Bug@ByteFM. Auftakt 1.April, 181 Ausgaben, Schluß am 3.Oktober. In diesen 185 Tagen widmen wir De:Bug täglich eine einstündige Sendung. In den ersen beiden Sendungen blenden wir zurück in die Ära vor De:Bug, am 2. und 3.Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, wird es um elektronische Lebensaspekte vor und nach dem Fall der Mauer gehen. Dafür konnten wir in Frank Bretschneider (AG Geige), Robert Lippok (To Rococo Rot) Hans-Joachim Roedelius (Cluster) und Ralf Hütter (Kraftwerk) vier Veteranen der elektronischen Musik gewinnen, zwei Ost, zwei West. Mercedes Bunz, Mitgründerin von De:Bug und seit 2009 beim Guardian, wird in fünf Sendungen ihre Version der Geschichte erzählen. Mark Fisher vom WIRE-Magazin wird sich dem Verhältnis von De:Bug zum Harcore-Continuum in der britischen Bass-Musik widmen. Wir freuen uns sehr, dass sich Anjalika Sagar and Kodwo Eshun von der Otolith-Group auf ein Experiment einlassen: Wir werden der britischen Künstlergruppe alle 181 Hefte zuschicken, und sie haben freie Hand, aus diesem Material Sendungen zu gestalten. „How German is it“ ist der Titel einer Serie, die Simon Reynolds für De14181310Bug@ByteFM produzieren wird. Darin analysiert der Autor von „Retromania“ deutsche Techno-Mythen aus angloamerikanischer Sicht.

Dem wechselvollen Verhältnis der De:Bug zum HipHop wird die taz-Autorin Fatma Aydemir nachspüren. An einem Roundtable über elektronische Lebensaspekte, Schwerpunkt Late Adopters & Genderdifferenzen werden diese Fiftysomethings Platz nehmen: Gudrun Gut (Monika Enterprise, Female Pressure), Michaela Melian (FSK, HFBK Hamburg), Karl Bruckmaier (BR, SZ, „The Story Of Pop“) und Diedrich Diederichsen (ADBK Wien, „Über Popmusik“). Deutsch-Japanische Elektronik-Projektionen sind Thema eines Radio-Essays von Harry Hosono und Ryuichi Sakamoto, Gründer des Yellow Magic Orchestra. Zur Bedeutung der Mode in De:Bug wird es eine Performance von Chicks on Speed geben. Bug vs De:Bug ist der Titel einer Sendung von Kevin Martin alias The Bug. Sascha Kösch alias Bleed hat „Let it Bleed“ angkündigt, einen Rückblick auf die von ihm in 181 Heften besprochenen 10.542 Maxi-Singles. Chris Köver vom Missy Magazin wird die De-Bug-Geschichte aus feministischer Perspektive untersuchen. Wir bei ByteFM freuen uns sehr, dass wir dieses anspruchsvolle Projekt am 1.April starten können.

Nein, kein Aprilscherz, eher schon ein Treppenwitz. Wäre nämlich ein Internetradio wie ByteFM in der Lage, so eine Serie auf die Beine zu stellen, dann wäre ein Abgesang auf De:Bug gar nicht nötig. Dann könnte das Magazin sich weiter elaboriert elektronischen Lebensaspekten widmen. Wir hätten dann nämlich eine Ökonomie, die qualifizierte und spezialisierte Pop-Kritik unter anderen als selbstausbeuterischen Bedingungen ermöglicht. Haben wir aber nicht, daher werden wir uns begnügen mit einer Stunde Radio zum Tod von De:Bug, ohne Gäste, und Chris Köver von Missy werden wir auch nur zitieren: „Die De:bug ist der Grund dafür, dass ich Journalistin geworden bin. Ohne die De:bug als Vorbild wären wir nicht davon ausgegangen, dass man ein Magazin ganz einfach selbst gründen kann. Ich kann schwer in Worte fassen, wie sich das gerade anfühlt.“

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Playlist

1.  Leon Vynehall / Inside The Deku Tree
Music For The Uninvited / 3024
2.  Jesse Perez / Jesse’s Burthday Party
Kama Sucia (The Art Of Slanging D) / Mr.Nice Guy Records
3.  Jesse Perez / Still Slanging That D
Kama Sucia (The Art Of Slanging D) / Mr.Nice Guy Records
4.  Destiny’s Child / Cater 2 You (Carling Ruse Mix)
Cater 2 You (Carling Ruse Mix) / Soundcloud
5.  Miguel / Do You (Cashmere Cat Remix)
Do You (Cashmere Cat Remix) / Soundcloud
6.  Efdemin / Some Kind Of Up And Down Yes
Decay / Dial
7.  Kid Simius / Hola Chica
WetSounds / Jirafa Records
8.  The Notwist / Lineri
Close To The Glass / City Slang
9.  William S.Burroughs In Dub – Conducted By Dub Spencer & Trance Hill / Prisoner Of The Earth
William S.Burroughs In Dub – Conducted By Dub Spencer & Trance Hill / Echo Beach
10.  The Eternals / Stars
Studio One Rocksteady / Soul Jazz
11.  Why / Crushed Bones
Elephant Eyelash / Southern