Was ist Musik Musik zur Zeit – Muldrow, Farai, Cherry, Leigh
Spex nochmal. Vier oder mehr Gründe, das vorletzte Heft zu lesen.
„Harmonische Thanksgiving-Dinner, frisch geschmierte Pausenbrote und bedingungslose elterliche Unterstützung: All das gibt es eher selten in Familien, die noch vor 150 Jahren vor Sklaventreibern geflüchtet sind. Mit ihrem neuen Album Overload untersucht Georgia Anne Muldrow die Auswirkungen vererbter Traumata auf heutige schwarze Lebensrealität. Die Musikerin aus Las Vegas versteht sich als Bewahrerin des Soul – und durchaus gewaltbereite Revolutionärin der Selbstliebe.“
Daniel Gerhardt über Georgia Anne Muldrow
„Ein tiefer, synthetischer Bass. Leicht verzerrt, bratzig, direkt in die Fresse. Damit wurde in der Vergangenheit schon oft für Druck gesorgt. Kaum etwas drängt so effektiv ins Hirn. Doch „This Is England“ geht einen Schritt weiter: Der Bass imitiert in dem Song das Glissandojaulen britischer Polizeisirenen. Nicht schrill und durch dringend jedoch, sondern bedrohlich heruntergepitcht. Er schleicht sich langsam an und versetzt einen ganz behände, dafür aber umso quälender in eine seltsam verhaltene Alarmstimmung. Das ist exemplarisch: Farai klagt auf ihrem Debüt Rebirth drängend und bestimmt politische und gesellschaftliche Missstände an. Trotz einiger Schreie und beträchtlicher Wut schwappt die Stimmung dabei jedoch nie über. Es geht nicht um Hysterie als Stilmittel. Sondern um ganz konkreten Druck.“
Rita Argauer über „Rebirth“ von Farai, Album der Ausgabe
„Tobi Müller: Sie lassen den einzelnen Elementen auf der Platte viel Raum.
Neneh Cherry: Vielleicht habe ich nach Blank Project wieder weniger Angst vor der Stille. Man kann auf dem neuen Album die Fehler besser hören, klar. Die Stille kann sehr laut sein, aber sie schafft auch Räume. Ich möchte momentan nicht mehr so sehr die Rampensau geben, sondern mich mehr wie eine Frau meines Alters fühlen. Natürlich fühlt es sich seltsam an, zu sagen: Ich bin eine 54 Jahre alte Frau. Aber ich will das Alter auch ehren, im Sinne von: Puh, bis hierher habe ich es schon geschafft.
Tobi Müller: Macht sich da auch Nostalgie breit?
Neneh Cherry: Ich empfinde weiterhin großes Interesse an wahnsinnig vielen verschiedenen Dingen. Das ist schon schön. Aber es ist auch absurd, weil ich gleichzeitig denke: Oh, eben gerade war ich noch 25 Jahre alt. Ich kann diese Zeit quasi noch berühren, wenn ich mich kurz nach hinten aus dem Fenster lehne.“
Tobi Müller im Interview mit Neneh Cherry
„Wieder mehr Song also. Nach Heather Leighs in jeder Hinsicht spartanischem letzten Album 'I Abused Animal', auf dem es sehr wenige Instrumente und noch weniger Entwicklunggab, nimmt sich die US-amerikanische Wahlschottin auf Throne vergleichsweise viel vor. Neben Pedal-Steel-Gitarre und ihrer Stimme lässt sie etwa Synthesizer und Drumcomputer zu, die den sechs Songs wieder zu klarer konturierten Melodien verhelfen. Und manchmal sogar zu Refrains. Was natürlich nicht heißen soll, dass Leigh jetzt eine gewöhnliche Singer-Songwriterin ist. Auch Throne ist eine höchst zurückgenommene und offene Angelegenheit. Allerdings weniger ausgestellt, reine A-cappella-Nummern sucht man beispielsweise vergebens. Trotzdem zeichnen sich Leighs Gitarrenspiel und ganz besonders ihr Gesang noch immer durch eine körperlose, beinahe gespenstische Entrücktheit aus, die sie stellenweise wie ein Nachbild ihrer selbst wirken lassen.“
Tim Caspar Boehme über Heather Leigh
Danke Spex, der letzte überlebende Musikjournalist der Welt.
„Harmonische Thanksgiving-Dinner, frisch geschmierte Pausenbrote und bedingungslose elterliche Unterstützung: All das gibt es eher selten in Familien, die noch vor 150 Jahren vor Sklaventreibern geflüchtet sind. Mit ihrem neuen Album Overload untersucht Georgia Anne Muldrow die Auswirkungen vererbter Traumata auf heutige schwarze Lebensrealität. Die Musikerin aus Las Vegas versteht sich als Bewahrerin des Soul – und durchaus gewaltbereite Revolutionärin der Selbstliebe.“
Daniel Gerhardt über Georgia Anne Muldrow
„Ein tiefer, synthetischer Bass. Leicht verzerrt, bratzig, direkt in die Fresse. Damit wurde in der Vergangenheit schon oft für Druck gesorgt. Kaum etwas drängt so effektiv ins Hirn. Doch „This Is England“ geht einen Schritt weiter: Der Bass imitiert in dem Song das Glissandojaulen britischer Polizeisirenen. Nicht schrill und durch dringend jedoch, sondern bedrohlich heruntergepitcht. Er schleicht sich langsam an und versetzt einen ganz behände, dafür aber umso quälender in eine seltsam verhaltene Alarmstimmung. Das ist exemplarisch: Farai klagt auf ihrem Debüt Rebirth drängend und bestimmt politische und gesellschaftliche Missstände an. Trotz einiger Schreie und beträchtlicher Wut schwappt die Stimmung dabei jedoch nie über. Es geht nicht um Hysterie als Stilmittel. Sondern um ganz konkreten Druck.“
Rita Argauer über „Rebirth“ von Farai, Album der Ausgabe
„Tobi Müller: Sie lassen den einzelnen Elementen auf der Platte viel Raum.
Neneh Cherry: Vielleicht habe ich nach Blank Project wieder weniger Angst vor der Stille. Man kann auf dem neuen Album die Fehler besser hören, klar. Die Stille kann sehr laut sein, aber sie schafft auch Räume. Ich möchte momentan nicht mehr so sehr die Rampensau geben, sondern mich mehr wie eine Frau meines Alters fühlen. Natürlich fühlt es sich seltsam an, zu sagen: Ich bin eine 54 Jahre alte Frau. Aber ich will das Alter auch ehren, im Sinne von: Puh, bis hierher habe ich es schon geschafft.
Tobi Müller: Macht sich da auch Nostalgie breit?
Neneh Cherry: Ich empfinde weiterhin großes Interesse an wahnsinnig vielen verschiedenen Dingen. Das ist schon schön. Aber es ist auch absurd, weil ich gleichzeitig denke: Oh, eben gerade war ich noch 25 Jahre alt. Ich kann diese Zeit quasi noch berühren, wenn ich mich kurz nach hinten aus dem Fenster lehne.“
Tobi Müller im Interview mit Neneh Cherry
„Wieder mehr Song also. Nach Heather Leighs in jeder Hinsicht spartanischem letzten Album 'I Abused Animal', auf dem es sehr wenige Instrumente und noch weniger Entwicklunggab, nimmt sich die US-amerikanische Wahlschottin auf Throne vergleichsweise viel vor. Neben Pedal-Steel-Gitarre und ihrer Stimme lässt sie etwa Synthesizer und Drumcomputer zu, die den sechs Songs wieder zu klarer konturierten Melodien verhelfen. Und manchmal sogar zu Refrains. Was natürlich nicht heißen soll, dass Leigh jetzt eine gewöhnliche Singer-Songwriterin ist. Auch Throne ist eine höchst zurückgenommene und offene Angelegenheit. Allerdings weniger ausgestellt, reine A-cappella-Nummern sucht man beispielsweise vergebens. Trotzdem zeichnen sich Leighs Gitarrenspiel und ganz besonders ihr Gesang noch immer durch eine körperlose, beinahe gespenstische Entrücktheit aus, die sie stellenweise wie ein Nachbild ihrer selbst wirken lassen.“
Tim Caspar Boehme über Heather Leigh
Danke Spex, der letzte überlebende Musikjournalist der Welt.
Weitere Ausgaben von Was ist Musik
Playlist
1. |
Georgia Anne Muldrow / Overload Overload / Ninjatune |
… |
2. |
Georgia Anne Muldrow / Aerosol Overload / Ninjatune |
… |
3. |
Georgia Anne Muldrow / Blam Overload / Ninjatune |
… |
4. |
Farai / This is England Rebirth / Ninjatune |
… |
5. |
Farai / Punk Champagne (Ft.Tone) Rebirth / Ninjatune |
… |
6. |
Neneh Cherry / Shotgun Shack Broken Politics / Smalltown Supersound |
… |
7. |
Neneh Cherry / Synchronised devotion Broken Politics / Smalltown Supersound |
… |
8. |
Georgia Anne Muldrow / Williehook (Skit) Overload / Ninjatune |
… |
9. | Blood Orange / Runnin´ (Ft. Georgia Anne Muldrow) | … |
10. |
Georgia Anne Muldrow / These are the things I really like about you Overload / Ninjatune |
… |
11. |
Me´Shell N´Degeocello / If That´s your boyfriend he wasn´t last night Plantation Lullabies / Maverick |
… |
12. |
Undisputed Truth / Smilin Faces Sometimes Smilin Faces Sometimes / Motown |
… |
13. |
Tony Joe White / Stud Spider Collection / Warner |
… |
14. |
Tony Joe White / Heartbreak Hotel Bad Mouthin´ / Yep Rock |
… |
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