Priests – „The Seduction Of Kansas“ (Rezension)

Cover des Albums „The Seduction Of Kansas“ von Priests

Priests – „The Seduction Of Kansas“ (Sister Polygon)

8,1

Kansas: Ein überwiegend ländlich geprägter Bundesstaat im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten. Ende des 19. Jahrhunderts eine Hochburg für die People’s Party, die zum Teil sozialistische und anti-rassistische Werte vertrat, heute jedoch nicht gerade für seine Weltoffenheit bekannt. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist verboten und noch vor einigen Jahren wurde beschlossen, die Evolutionstheorie im Schulunterricht nicht zu behandeln. Donald Trump gewann hier bei der Präsidentschaftswahl 2016 fast 60 % der Stimmen. „The Seduction of Kansas“ heißt das aktuelle Album der US-amerikanischen Rockband Priests, dem die Wandlung des Bundesstaats als Inspiration für den Titel diente.

Abgerechnet wird auf Priests’ zweiter Platte jedoch nicht bloß mit Kansas, sondern mit der gesamten US-amerikanischen Nation. So schmiegt sich Sängerin Katie Alice Greer im Musikvideo zum Titeltrack an eine George-Washington-Büste, während sie singt: „It’s the last picture, show all the cowboys get ready for a drawn out charismatic parody of what a country thought it used to be”. Die endgültige Entmystifizierung des amerikanischen Geistes scheint insgesamt das Ziel der Platte zu sein: Die USA als rücksichtslose, imperialistische Großmacht, Kongressmänner als zynische Kriegstreiber.

Schwer verdauliche Gesellschaftskritik

Priests kommen aus der Punk-Szene. Die Band gründete sich 2012 in Washington D.C., organisierte antifaschistische Festivals, veröffentlichte drei EPs über ihr selbstbetriebenes Label Sister Polygon Records und im Jahr 2017 schließlich ihr erstes Studioalbum „Nothing Feels Natural“.

Während dieses noch sehr roh und post-punkig klang, ist der Nachfolger deutlich poppiger und waveiger ausgefallen. Wer denkt, dass Priests damit zahmer geworden sind, hat dennoch weit verfehlt. Die soundtechnische Entwicklung auf „The Seduction of Kansas“ fühlt sich sehr organisch an, wie der nächste logische Schritt einer Band, die sich in einem Genre so weit ausgetobt hat, bis sie Lust auf etwas Neues hatte. Die exzellente, präzise Gesellschaftskritik in den Texten ist wütend und gleichzeitig weit entfernt von unreflektiertem Pöbelpunk: angenehm zu hören und trotzdem ganz, ganz schwer verdaulich.

Veröffentlichung: 5. April 2019
Label: Sister Polygon

Das könnte Dich auch interessieren:



Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.