Knuspern Gott über Geld

Eli und Timothy hatten sehr lange für die Doppelflöte gespart. Das erste Mal waren sie der gusseisernen Schönheit auf dem Nachhauseweg von der Stadtteilschule begegnet. Protzig funkelnd lag sie im Schaufenster der Flötereihandlung Keßler im Battyweg.

Nun vollendeten sie bald das dritte Lehrjahr als Groove-Einrichter und hatten das Geld endlich beisammen. Mit feuchten Händen und leicht zitternd betraten sie die geheiligten Hallen. Eine düstere, leicht sakrale Atmosphäre begrüßte die beiden Amateur-Flöteriche. Sie trauten sich kaum, auf sich aufmerksam zu machen. Dave Keßler hatte sie jedoch bereits erblickt und kam freundlich lächelnd auf die beiden zu. „Willkommen im Flötenreich!“, begrüßte er die Jungs lauter als sie dies in solch einem Umfeld erwartet hätten.
„Ähm, guten Tag. Wir hatten ein Auge auf die Doppelflöte aus Guss geworfen, die bei Ihnen in der Auslage ein solch einsames Dasein fristet“, antwortete Timothy und schubste Eli an, auch was zu sagen. „Das Geld haben wir“, sprach dieser leise. Herr Keßler starrte die beiden bedauernd an. „Oh, Kinderchen, das tut mir aber traurich; das jute Stück habe ich justamente meiner Schwippschwägerin Jeanne verkauft. Sie fängt nämlich am Montag als Solo-Doppelflötistin beim Kammerorchester Amsterdam-Süd an. Ihr seid leider zu spät.“

Den Auszubildenden fiel synchron die Kinnlade herab. Wie peinlich, wie unangenehm, wie niederschmetternd! Sie stürmten Hals über Kopf aus dem Laden und verließen vor Scham bebend am nächsten Tag die Stadt. Vielleicht hatten sie ja an einem anderen Ort mehr Glück.