Low – „Double Negative“ (Rezension)

Cover von Low – „Double Negative“ (Sub Pop)

Low – „Double Negative“ (Sub Pop)

9,0

Bei ihren ersten Auftritten Anfang der 90er-Jahre hatten Low mit ihrem Hang zu leisen Tönen oftmals große Probleme gegen das Stimmengewirr und die Unruhe in vielen Clubs anzuspielen. Während andere Bands in solchen Momenten den Lautstärkepegel erhöhen, um die Aufmerksamkeit auf die Bühne zu lenken, machte das Slowcore-Dream-Pop-Trio aus Minnesota das genaue Gegenteil: sie wurden noch leiser und forderten damit umso deutlicher die absolute Konzentration des Publikums ein.

Wer in diesen Momenten aufmerksam lauschte, entdeckte einen Sound, der so dynamisch und minimalistisch daher kam, dass er einen förmlich in seinen Bann zog. Diese Konzentration und Aufmerksamkeit verlangten Low auch auf allen bisherigen Studioalben. Das neueste Werk des Trios „Double Negative“ stellt hier keine Ausnahme dar und ist trotzdem ein radikaler Schritt in eine neue Richtung.

Schon in den ersten Sekunden des Openers „Quorum“ reißen Gitarrist und Sänger Alan Sparhawk, Schlagzeugerin und Sängerin Mimi Parker und Bassist Steve Garrington ihre HörerInnen hinein in ein Album, das so gar nichts mehr mit Dream-Pop zu tun hat. Ein pulsierendes, verzerrtes Rauschen dringt ans Ohr, erscheint zuerst als Störgeräusch und entfaltet dann doch seine hypnotische Wirkung als entrückter Beat über den sich aus der Ferne die Stimme Sparhawks legt.

Schwere Soundcollagen

Diese Wirkung lässt in den folgenden knapp 50 Minuten zu keinem Zeitpunkt nach. „Double Negative“ entwickelt sich über elf Songs, die an vielen Stellen ineinander überlaufen, zu einem Gesamtwerk, das düster, dystopisch und vor allem so fesselnd daher kommt, dass es einen Zeit und Raum vergessen lässt. Überhaupt scheinen Kategorien wie diese nicht zu gelten bei einem Album, das sich jeglicher Trends oder Genrebeschreibungen entzieht. „Double Negative“ erschafft vielmehr seinen ganz eigenen Kosmos.

Verantwortlich dafür sind nicht nur Low selbst, sondern auch Produzent B. J. Burton, der auch schon Bon Iver bei „22, A Million“ zu einem komplett neuen Sound verholfen hat und dessen Einfluss auf „Double Negative“ nicht zu unterschätzen ist. Low und Burton quartierten sich nämlich nicht mit fertigen Songideen im Studio ein, sondern hatten nur einzelne Skizzen und Ideen zur Verfügung, die sie immer wieder zerpflückten und neu arrangierten. So entstand nach und nach ein Album, das als Ganzes betrachtet zu einer Art Soundcollage wird.

Eine Collage, die definitiv keine leichte Kost ist. „It’s not the end, it’s just the end of hope“ singt Sparhawk in „Dancing And Fire“ und auch in den anderen Songs geht es düster und eher beklemmend zu. Wer sich aber in den hypnotisierenden Bann ziehen lässt und die für Low nötige Aufmerksamkeit aufbringt, entdeckt hier und da auch kleine Momente der Hoffnung. So radikal anders „Double Negative“ als Album also auch klingt, die Aufmerksamkeit des Hörers wird bei Low immer noch belohnt.

Veröffentlichung: 14. September 2018
Label: Sub Pop

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