ByteFM Monatskarte: Milky Disco – Klangforscher Jon Tye

Auf der ByteFM Monatskarte August: „Milky Disco Vol. 3“ (Lo Recordings)

Meine erste Begegnung mit der Welt von Jon Tye war die „Collaborations“ Zusammenstellung von 1996. Irgendwo aus dem tiefgründigen Ende der Trip Hop und Co. Skala tauchten Label, Compilation und Macher auf, um wie selbstverständlich Brücken zu bauen zwischen neuester Subbass-Geilheit und altem Kunstmusik Adel wie David Cunningham, Lol Coxhill oder David Toop. Seither tauchen Lo Recordings regelmässig in meinen Playlisten auf und schaffen immer wieder musikalische Neulandgewinnung. „Lo Recordings – Provider of quality esoteric music since 1995“ nennt sich ein Motto des Labels, man macht gerne in Abseitigem. Darum passt irgendwie doch, dass hier nun auch bereits seit einiger Zeit eine Comsic Disco inspirierte Compilation Reihe erscheint, die scheinbar nur wenig Verbindung zum klangkünstlerischen Hochamt hält. Und längst gibt es auf Lo und den Sublabel LoAF und LoEB ganz Unesoterisches wie die Art School Popgruppe The Chap beispielsweise. Über Disco, Kosmisches und Stilspagate kann man mit Jon Tye gut reden, äh, mailen.

Im Folgenden der erste Teil eines Interviews mit Jon Tye, der für ByteFM einen exklusiven Mix erstellt hat, den wir am 27.08. um 23.00 Uhr senden.
Teil 2 des Interviews und die Tracklist dann also am nächsten Freitag an dieser Stelle.

Wie entstand die Idee zur „Milky Disco“ Reihe?
Da kamen verschiedene Dinge zur gleichen Zeit zusammen. Ich las das Buch „Love Saves The Day“ („Love Saves the Day: A History of American Dance Music Culture 1970-1979“ von Tim Lawrence)– und war wirklich überwältigt von der Vielfalt an Platten, die David Mancuso spielte (legendärer DJ des New Yorker Loft). Das schien genau der Spirit zu sein, um den es bei Lo immer gegangen ist. Experimentierfreude und Vielfalt. Ich fand Dance Music immer schon toll und wir haben alle mögliche Arten davon veröffentlicht, aber ich hatte das Gefühl , dass vieles davon zu steif und ernst geworden war. Außerdem kam es mir allmählich so vor, dass viel Musik, die als „experimentell“ bezeichnet wurde, eigentlich gar nicht mehr experimentell war. Die Leute machten eigentlich immer die gleichen Sounds, die Musik war wieder engstirnig geworden. Disco schien mir einen Weg da heraus zu bieten. Unter der Überschrift Disco kann man alle möglichen Sounds, Texturen und Rhythmen erforschen. Also gründete ich die „Milky Disco“ Reihe, um neue Musik zu erforschen. Nochmal.

Was sind die entscheidenen Kriterien, damit ein Sück zur „Milky Disco“ Reihe passt?
Das ändert sich. Beim ersten Album ging es eigentlich um eine Zusammenstellung der einiger des interessantesten Künstler die in diesem Feld arbeiten. Bei der zweiten ging es darum, die Vielfalt der Musik im Sinne von Tempo und Sound aufzuzeigen und beim dritten Mal ging es um die Intenstítät, darum zu zeigen, wie es in einer Mix Situation manchmal die Mischung aus zwei Tracks sein kann, die interessant ist, die Art, wie man zwei Stücke nehmen kann und ein drittes daraus machen. Die Erforschung der Schnittstellen.

Am Anfang schien die Musik von Lo Recordings und die von Ihnen selbst vor allem Ambient Sounds und Experimentellen Klängen gewidmet zu sein. Mitte der 90er wurde manchmal der Begriff Isolationimus im Zusammenhang mit Ihrer Musik benutzt (wie auch für den Output anderer Labels und Musiker). Empfinden Sie den Schritt von Isolationismus zum Herausbringen einer ziemlich hedonistischen Disco Compilation wie „Milky Disco“ und ihren eigenen Releases als Milky Globe als Teil einer natürlichen Entwicklung oder sind das zwei separate Bereiche ihrer musikalische Arbeit?
Ich denke, wenn man sich unseren Katalog zur Gänze anguckt, findet sich da schon immer „Dance“ Musik, von frühen Luke Vibert Mixen bis zu Echo Park Stücken wie „Needled“, dem Dom And Roland Remix von Echo Park oder der „Altered States Of Amercia“ Compilation. Es ging nie nur um Ambient und Experimentelles, sondern immer um eine Mixtur. Ich denke, dass sich die Verbindung von Experimentellen und eher mainstreamigen Sounds bis heut durch die Veröffentlichung aller unserer Labels zieht. Der Kontrast zwischen einigen Stücken auf „Milky Disco“ und der Musik von The Present auf LoAF (Sublabel) ist ziemlich extrem, wie auch der Unterschied zwischen Extra Life und Charlie March oder The Chap und Grovesnor. Es geht immer noch um die musikalische Forschung.

Ist es angesichts des Untertitels „To The Stars“ passend, die Musik auf „Milky Disco Vol.3“ als „Cosmic Disco“ zu bezeichnen?
Der Begriff Cosmic Disco stört mich nicht im Geringsten, obwohl immer die Gefahr besteht, dass ein erstmal definiertes Genre aufhört, sich zu entwickeln. Aber ansonsten ist „kosmisch“ in der Art wie ihn (Karlheinz) Stockhausen benutzt hat, ein großartiger Begriff.

Wie würden sie kosmische Qualitäten von Musik beschreiben?
Weit reichend, forschend, offen, bewusstseinserweiternd.

Gibt es außer kosmisch noch eine bessere Beschreibung der zugrunde liegenden Motive hinter den „Milky Disco“ Stücken?
Ich mag Space Music, das kann man für alles benutzen wie Sun Ra, The Grateful Dead, Tangerine Dream, Stockhausen, Messiaen und Lindstrøm….und „Milky Disco“.

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Diskussionen

0 Comments
  1. posted by
    Electric Nightflight Special: Jon Tye – Exploring The Galaxy : ByteFM Magazin
    Sep 24, 2010 Reply

    […] Und hier nun Teil zwei des Interviews mit Jon Tye (Teil eins findet ihr hier) […]

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