Grüße aus dem Uncanny Valley: „Cheesecake“ von Echt! (Videopremiere)

Foto der Band Echt!, die bei der Produktion ihres neuen Musikvideos zur Single „Cheesecake“ auf Künstliche Intelligenz zurückgegriffen hat.

Bedienen sich in ihrem neuen Musikvideo der Bilderzeugung mittels Künstlicher Intelligenz: Echt! (Foto: Diego Crutzen)

In den Anfangszeiten der Fotografie und des Films kam man erstmals einer Welt auf die Spur, von der man bis dahin nur eine vage Vorstellung hatte, und die man als visuelles Unbewusstes charakterisieren kann. Momentaufnahmen von Bewegungsabläufen erlaubten es erstmals, Dinge so abzubilden, dass man sie im Stillstand sehen und genau studieren kann. Dinge, die zuvor zu flüchtig waren, weil sie aus einer schnellen Abfolge von Einzelbildern zusammengesetzt sind, wie zum Beispiel die genauen Bewegungsabläufe eines rennenden Pferdes.

Bilderzeugung durch Künstliche Intelligenz

Gegenwärtig stehen wir beim Thema Bilderzeugung dank Künstlicher Intelligenz (KI) am Anfang einer neuen Ära. Computer generieren auf Befehl täuschend echte und immer überzeugendere Bilder. Eine Technik, deren Implikationen so faszinierend wie gefährlich sind, wenn man mal darüber nachdenkt. Denn die dadurch eröffneten Möglichkeiten, Schindluder zu treiben, sind nahezu unendlich. Doch die kreativen Potenziale sind es auch, die etwa die belgische Band Echt! für sich zu nutzen weiß, die in ihrem künstlerischen Schaffen gern mit der Spannung zwischen Menschlichem und Synthetischem spielt. Für ihr neues Musikvideo zum Stück „Cheesecake“ hat sie sich den Video-Künstler Super Tchip ins Boot geholt, der KI in der Video-Produktion zur Anwendung gebracht hat – mit bemerkenswerten Resultaten.

Dinge, die erschaudern lassen

Der Clip ist eine verstörende Reise durch die Welt der Käsekuchen-Herstellung, bestehend aus KI-generierten Einzelbildern. Die Bildabfolge beinhaltet dabei kontinuierlich kleine Sprünge und lässt sich als eine lebhaft flackernde Stop-Motion-Optik beschreiben. Realistisch sieht dadurch in dem Musikvideo nichts aus, doch was oberflächlich betrachtet als Mangel erscheinen mag, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als die eigentliche Stärke des Ganzen.

Denn der Clip macht genau dadurch erneut das Tor zum oben beschriebenen visuellen Unbewussten auf: die bei unheimlich-atmosphärischer Musik stattfindende Produktion von Käsekuchen entpuppt sich als bizarrer Vorgang, in dem immer wieder groteske Horrormomente und abscheuliche Fratzen aufblitzen. Angereichert ist das Ganze mit Elementen politischer Ikonografie, die aber nicht direkt kommentiert werden und schon gar nicht irgendwelche Parolen unterstützen. Die gezeigten Figuren haben stets verschwommene Gesichter und sind wie die Details in einem Albtraum nie richtig erfassbar. Dabei erinnern die Bilder an gemächlich-hypnotisch dahinströmende Dokumentationen, die die Produktion aller möglichen Güter zeigen. Und zwar auch Produktion, die mit Käsekuchen wenig zu tun hat: Sweatshop-Arbeit, Tierkörperzerlegung, Rüstungsproduktion im Akkord. Dinge, die erschaudern lassen.

Das futuristische Instrumental-Quartett aus Brüssel bewegt sich mit „Cheesecake“ auf dem neuen Feld KI-gestützter Videoproduktion, von der wir in Zukunft wohl noch mehr hören und sehen werden. Das Stück ist Teil ihres aktuellen Albums „Sink-Along“, welches am 5. Mai 2023 via Sdban Ultra erschienen ist.

Heute feiert das Musikvideo dazu Premiere im ByteFM Blog. Hier könnt Ihr es Euch ansehen:

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