Erlend Øye – „Legao“ (Album der Woche)

Cover von Erlend Øye – „Legao“ (Bubbles)

Erlend Øye – „Legao“ (Bubbles)

Kaum ein Indie-Musiker scheint so beständig der positiv gestimmten Musik verpflichtet zu sein wie Erlend Øye. Als Mitglied der Kings Of Convenience flüsterte der Norweger hauchzarte Songs im Geiste Simon & Garfunkels und ließ die frühen Nullerjahre zur „Quiet-Is-The-New-Loud“-Bewegung werden. Kaum griff der Neo-Folk diesen Gedanken auf, verwandelte Øye als Prä-Hipster mit seiner Band The Whitest Boy Alive die elektronisch dominierten Tanzflächen Berlins in welche mit analogem Groove. Klar, dass er sich, als die deutsche Hauptstadt endgültig von Künstlern jeder Couleur geflutet war, zur nächsten Karrierestation aufmachte.

Mittlerweile lebt der Brillen- und Bunte-Hemden-Träger in Italien, unter der Sonne Siziliens. Entsprechend von Italodisko infiziert, zeigte sich seine vergangenes Jahr erschiene Single-Veröffentlichung „La Prima Estate“. Wer nun denkt, Øye würde auch auf „Legao“ zwischen Bella Figura und Erdbeer-Gelato strahlen, irrt. Für sein zweites Soloalbum – sein Solodebüt „Unrest“ erschien vor elf Jahren – tänzelt der Musiker durchaus vom leichtfüßigen Südländer-Modus angesteckt durch die Songs, aber es sind eine Handvoll Isländer, die für den smoothen Groove sorgen. Die Reggae-Band Hjálmar lässt „Legao“ wie einen schwülen Karibik-Traum wirken. Lässig beschwerte Rhythmen, typisches Reggae-Instrumentarium und aus dem Schultergelenk getrommelte Percussions schaffen einen satten Laid-Back-Sound, dem auch Øyes watteweicher Gesang nichts Böses anhaben kann.

Wo aber ist nun der Haken? Der zeigt sich in den Texten. Denn die jonglieren mit Doppeldeutigkeit, Zynismus und Liebeskummer. In seinen Lyrics nämlich offenbart sich der liebenswürdige Herr Øye als ziemlich vom Leben Gebeutelter, verschmäht von der Angebeteten, herumgeschubst von Autoritäten und überhaupt von jedem in Beschlag genommen, der sein kleines Ego-Paradies stört. Seiner reizenden Musik tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil. Es verhindert, dass „Legao“ zum Karibik-Kitsch verkommt und bietet uns zwischen Hängematte und Palmen bloß eine bessere Identifikationsfläche unseres eigenen eitel Sonnenschein entbehrenden Lebens.

Veröffentlichung: 30. September 2014
Label: Bubbles

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