Konzertbericht: The Dodos in Hamburg

Hierzulande ist es geradezu maßgeblich, die Vorband des Hauptacts zu verpassen. Auch ich bin etwas zu spät in der Prinzenbar erschienen, als dass ich The Luyas vollen Tribut leisten könnte. Das kanadische Ensemble um Sängerin und Multi-Instrumentalistin Jessie Stein macht sich über seine Instrumente her wie sprunghaftes Wild. Da werden allerlei Tasteninstrumente verwandt, ein Moodswinger mit Behutsamkeit geschwungen und ins Waldhorn geblasen.

Alle diejenigen, die noch später in die Hamburger Prinzenbar eingetrudelt sind als ich, haben ein kleines Spektakel verpasst. The Luyas wissen mit den Sinnen zu spielen: An jedem Instrumentarium haben sie Glühbirnen angebracht, die im bald verdunkelten Raum zu flackern beginnen. Ein Gewitter aus irritierenden Lichtquellen elektrisiert die immer größer werdende Masse vor der Bühne. Und damit haben The Luyas das geschafft, was Vorbands in gewisser Weise leisten sollen: Sie haben das Publikum für The Dodos angeheizt. Man ist nicht ermüdet von irgendeiner langweiligen kleinen Band, die da vorne ihre Songs spielt, sondern aufgeregt und guter Dinge.

Nachdem die Bühne geräumt, das enorme Schlagzeug aufgebaut und die Saiteninstrumente gestimmt sind, wird es innerhalb von Sekunden still – als würde der ganze Raum die Luft anhalten. Genau in diesem Moment setzt das Schlagzeug mit voller Wucht ein und es wird wild an der Gitarre gezupft. Sänger und Gitarrist Meric Long stampft mit seinem Fuß auf und schüttelt sich das schwarze Haar ins Gesicht. Sein Gesang ist weich und angenehm und bildet eine ruhige Konstante zum treibenden Rhythmus.

Der Opener „Good“ versinkt in einer flirrenden und ziependen Geräuschwand, die vom erneut einsetzenden Schlagzeug durchbrochen wird. „Black Night“ gewinnt dem Publikum gleich ein Lächeln und Pfeifen ab. Es gerät sogar ein wenig in Bewegung. Während die hypnotisch tanzende Dame mit dem Kopftuch das Konzert mit einer psychedelischen Hippie-Veranstaltung verwechselt haben könnte, wiegen sich andere im Beat oder werden geradezu vom Rhythmus angestachelt, zumindest den Fuß im Takt zu bewegen. Auch The Luyas-Mitglied Jessie Stein tanzt euphorisch vor der Bühne.

Mit Vogelgezwitscher und geloopten Schreien Meric Longs experimentieren The Dodos in ihren Live-Songs. Schlagzeuger Logan Kroeber tobt sich an den vier Trommeln aus als gäbe es keinen Morgen mehr. Mit dem Handtuch um den Kopf gewickelt und seinem akkuraten Schnurrbart wirkt er wie der Scheich unter seinen Bandmitgliedern. Das Zusammen- und Gegenspiel von Rhythmus, Gitarrenspiel und Gesang zeichnet das dargebotene aktuelle Album „No Color“ der Dodos aus. Sichtlich konzentriert spielen sich Long und Kroeber in psychedelische Folkrock-Spheren, der Bassist hingegen wirkt etwas gelangweilt.

Der plumpe Vogel, nach dem sich The Dodos benannt haben, hat seine Flügel in der Prinzenbar gekonnt und behutsam ausgebreitet, gänzlich ergriffen hat er jedoch nicht. Bei dem The Dodos-Konzert handelt es sich vielmehr um eine schöne Unterhaltung an einem frühlingshaften Abend in Hamburg, die dem Publikum sehr gefällt. So sehr, dass es nach einer Zugabe verlangt, die die Band aus San Francisco willig darbietet. „Spielt Ihr Video-Games?“, fragt Sänger Long seine Zuhörer. Er habe bei „Castlevania“ gewonnen und der animierte Raum in diesem Videospiel weise eine gewisse Ähnlichkeit mit den mysteriösen Räumlichkeiten der Prinzenbar auf.

Die elektronischen Fackeln des Kronleuchters in der mutmaßlichen „Castlevania“-Höhle zittern im Takt als The Dodos die Zugabe „Going Under“ spielen. Dieser Song verwirrt den ein oder anderen aus dem Publikum in seiner rhythmischen Feinfühligkeit, begeistert aber so sehr, dass auch noch nach dieser Zugabe eine nächste verlangt wird. Sänger Long hat sich mittlerweile unter die Zuschauer gemischt, die fröhlich der leeren Bühne zujubeln. Ein letztes Mal betritt er die Plattform und beglückt zusammen mit seinen Bandkollegen die zufrieden lächelnden Fans.

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