Neue Platten: Maïa Vidal – „God Is My Bike“

Von Monique Schmiedl, 15. November 2011

(Crammed Discs)

4,7

„God Is My Bike“ – Was für ein Albumtitel?! Gott ist mein Fahrrad. Aha. Na dann. Da scheint man schon zu ahnen, was einen in den kommenden 43 Minuten erwartet: Ein kleines süßes Mädchen, dass sein Leben dem Glauben verschrieben hat und die ganze Welt an ihrem Glück teilhaben lassen will. Eine Ode an Gott, an die zauberhafte Welt und an die feste Überzeugung, dass Schlechtes mit Gutem bekämpft werden kann. Nun, ganz so ist es nicht. Aber fast.

Zwar ist Maïa Vidal Amerikanerin (Klischeebestätigung), macht zuckersüße Mädchenmusik (Ahnungsbestätigung) und singt auch hin und wieder vom großen Mann hoch über sich (Titelbestätigung), doch ist „God Is My Bike“ alles andere als eine spirituelle, gottverklärende Platte. Vielmehr muss das Debütalbum der Sängerin als eine puderzuckerübersähte Riesenwaffel mit überdimensional großen Vanilleeiskugeln und dicker Sahnehaube verstanden werden.

Wieder so eine Platte. Wieder eine Platte von einer jungen adretten Frau, die mit ihrer Stimme Glitzer in die Ohren zaubern will. Wieder eine Platte, die vor Candyland und Lollipop nur so strotzt. Wieder eine Platte, wie sie es gefühlt schon sieben Milliarden Mal auf der Welt gibt. Frei nach dem Motto: Für jeden Erdenbürger eine Platte, dann gibt es keinen Krieg mehr.

Maïa Vidal versucht, was vor ihr schon viele viele Frauen versucht haben. Sie macht Mädchen-Pop, der zwischen neckisch und süß, zwischen verspielt und niedlich, zwischen gewitzt und verträumt sein will. Mit dem Einsatz von Piano, Akkordeon, Xylofon und Co. gelingt ihr das durchaus. Sie schafft eine Klangkulisse, die beim Hören eine Candyworld im Kopf entstehen lässt. Mit ihrem zuckersüßen Gesang und dem walzernen Grundrhythmus vertreibt Maïa Vidal alle Vorstellung von Schlecht, Böse, Krieg und Kälte. Man fühlt sich, als hätte man sich in ein Bett aus Wolken eingekuschelt, hoch über der Erde, mit dem Blick auf die nahen Sterne.

Nach den ersten zwei Songs entsteht sogar so etwas wie Dynamik. Die Wolkendecke will zurückgeworfen werden, der Prosecco ausgepackt und die lustige Mädchenrunde mit Filmen und Schokolade eröffnet werden. Doch kaum wurde der Korken knallen gelassen, da muss man schon zurück ins Wolkenbett. Noch eine Runde ruhen. Noch ein bischen kuscheln. Auch, wenns gar nicht mehr in die persönliche Stimmung passt. Auch, wenn man gar keine Lust mehr hat auf Blümchenregen und klebrigen Zuckergesang.

„God Is My Bike“ ist ein Debüt geworden, das von allem ein wenig zu viel hat und damit unheimlich ermüdend wirkt. Zuckerströme überrollen den Hörer immer wieder und am Ende bleiben Bauchschmerzen und ein Gefühl des unbefriedigten Appetits.

Label: Crammed Discs | Kaufen

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