Gauche – „A People’s History Of Gauche“ (Rezension)

Cover des Albums „A People's History Of Gauche“ von Gauche

Gauche – „A People’s History Of Gauche“ (Merge Records)

8,0

„I know I can‘t live like this“ ist einer der ersten Sätze, die beim Debütalbum von Gauche hängenbleiben. In dem dazugehörigen Song „Pay Day“ geht es um den alltäglichen Überlebenskampf im Kapitalismus, von einer Rechnung zur nächsten. Die Band singt diesen Satz immer und immer wieder, wie ein verzweifeltes Mantra. „Ich weiß, dass ich so nicht leben kann.“

Doch das ist bei weitem nicht die einzige Ungerechtigkeit, über die diese Band sich im Verlauf von „A People’s History Of Gauche“ auskotzt. Die Supergroup, zusammengesetzt aus Mitgliedern der Washington-D.C.-Punk-Gruppen Priests und Downtown Boys, wettert in „Circles“ gegen institutionellen Rassismus. „Surveilled Society“ ist eine Abrechnung mit der zur Norm gewordenen Überwachungskultur. Die sechs Bandmitglieder sprühen ihr gesellschaftskritisches Gift in viele Richtungen, manchmal sogar in mehrere gleichzeitig.

Systemkritische Party-Musik

Umso verwirrender ist es, wie unglaublich viel Spaß diese Musik macht. Die Texte sind beißend und wütend, doch die Musik ist pure Ekstase. Bass und Drums spielen schwitzige Disco-Rhythmen, die Orgel groovt windschief und lebensfroh dazu. Die Gitarren wackeln mit den Hüften, das Saxofon gröhlt betrunken mit. Die Stimmen überschlagen sich wie in alten Pere-Ubu-Songs, singen Zeilen wie „Look who gets away with sin / White men get away“ mit einem hysterischen Lächeln auf den Lippen. Das klingt mitunter so, als würden die jungen The B-52‘s Bikini Kill covern.

Gauche wissen, dass es kein richtiges Leben im Falschen gibt – und planen die Revolution mit systemkritischer, hinterlistiger Party-Musik. Die gutgelaunten Songs lassen ihre schwergewichtigen Themen leichtfüßig wirken – und einen dabei nie vergessen, dass der Kern der Sache ziemlich ernst ist. Ihre Songs bringen einen erst zum Tanzen, dann zum Nachdenken – und dann vielleicht zum Systemsturz.

Veröffentlichung: 12. Juli 2019
Label: Merge Records

Das könnte Dich auch interessieren:



Deine Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.