Der West-Östliche Diwan 06.09.2009

Wer die Flügelhängen lässt, kann bald nicht mehr fliegen

Erinnerungen an das Duo Pannach & Kunert

Dieser Diwan möchte an ein Traum-Duo erinnern, dessen Musik-Laufbahn eng mit Politik verbunden war. Als Mitglieder bzw. Texter der Rockband Klaus Renft Combo gehörten sie spätestens ab 1975 zur Dissidentenszene in der DDR, Renft war in jenem Jahr mit einem Auftrittsverbot belegt worden. Gerulf Pannach und Christian „Kuno“ Kunert wurden in den Westen abgeschoben. Dort traten sie gemeinsam oder getrennt auf, Kunert komponierte Film- und Theatermusiken, Pannach schrieb Texte auch für andere Interpreten. Er starb am 3. Mai 1998 an Krebs – so wie später drei weitere Musiker der Renft-Combo. Der böse Verdacht, dass man die Renft-Leute bei Verhören durch die Stasi heimlich mit Röntgenstrahlen traktierte hatte, wurde nie ausgeräumt.

In den 80er Jahren hat Olaf Leitner mit Pannach und Kunert viele Gespräche geführt, die in dieser Sendung auszugsweise wiedergeben werden. Veraltet ist das, was da gesagt wird, keineswegs. Überwiegend stammt die Musik in dieser Sendung von der LP „Fluche Seele fluche“ von 1981. Dieses Album ist wohl das Beste, was bei uns in der Kategorie Liedermacher je erscheinen konnte. Die freundlichen Belanglosigkeiten eines Reinhard Mey, das Geschmetter aus offener Hemdbrust des Konstantin Wecker oder das Geknödel des Salonkommunisten Franz-Josef Degenhardt waren gegen diese Platte ein populäres Nichts. Das Album von Pannach&Kunert hat viele Farben – von todtraurig bis bis albern-komisch, es verzichtet auf jedweden akustischen Schnickschnack, die Kompositionen sind originell, die Texte vorzüglich durch Gegenwartsnähe und Bildhaftigkeit. Und sie schaffen eine inhaltliche und ästhetische Verbindung in die 20er Jahre, zu Bertolt Brecht, Kurt Weill, zu Friedrich Hollaender.