Dexter – „Yung Boomer“ (Album der Woche)

Bild des Albumcovers von „Yung Boomer“ von Dexter, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Dexter – „Yung Boomer“ (prodbydexter)

Einer der ersten Sätze, die man auf „Yung Boomer“ hört, ist dieser: „Sie sagen mir, ‚hör auf zu rappen!‘“. Ein Satz, den man als HipHop-Künstler*in wahrscheinlich des Öfteren aus Hater-Mündern hört. Doch bei Dexter scheint es in diesem Fall nicht um missgünstige Konkurrenzrapper*innen zu gehen. Sondern um ihm wichtige Menschen, die sich ernsthafte Sorgen machen. Schließlich hat der in Heilbronn geborene Musiker, der mit bürgerlichem Namen Felix Göppel heißt, gerade seinen Brotjob gekündigt. Der 37-Jährige führte seit einiger Zeit ein mystisches Doppelleben: Einerseits als in Stuttgart praktizierender Kinderarzt, andererseits als einer der interessantesten deutschen Rapper und HipHop-Produzenten. Nun setzt er alles auf eine Karte.

Dass er sich das trauen kann, liegt auch daran, dass Göppel schon lange kein Newcomer mehr ist: Im vergangenen Jahrzehnt produzierte er unzählige Tracks, sowohl für Blockbuster-LPs von Casper und Cro als auch für Szene-Rap-Acts wie Audio 88 & Yassin oder Fatoni. Nach zahlreichen Mixtapes erschien 2017 mit „Haare Nice, Socken Fly“ sein nach eigener Aussage „erstes echtes Rap-Soloalbum“, nun veröffentlicht er den Nachfolger „Yung Boomer“.

Caddy statt Chevy

Dass ein abgeschlossenes Staatsexamen in der Tasche nicht die größte Street-Credibility darstellt, ist ihm durchaus bewusst. Beziehungsweise egal. Dexters Songs erwecken nie den Eindruck, dass hier einer irgendjemanden etwas beweisen möchte. Göppel rappt in „Luft“ darüber, keine Lust auf den Club zu haben und lieber morgens um 9 Uhr seinen Kindern Müsli einzuschenken. Anstatt Koka gibt‘s Kaffee, anstatt Chevrolet fährt er einen VW Caddy. Bei der Polizeikontrolle finden sie nur Heilsalbe unterm Kindersitz. „Ok Boomer“, adlibt er selbstironisch in „Kontrolle“.

Doch dieser „Yung Boomer“ hat viele Facetten. Er kann sich zum Beispiel nicht nur über sich selbst lustig machen, sondern wunderbar austeilen. „Rapper preppen seit Corona ganz viel Seife für den Schmutz, den sie verbreiten“, ist ein ernsthafter Contender für die Deutschrap-Punchline des Jahres. Dexter kann aber auch ernst werden, wie im Album-Abschluss „Apoplex“, in dem er versucht, einen Schlaganfall zu verarbeiten. Er kann mehrdimensionale Beats konstruieren, in denen psychedelischer Trap-Nebel auf Boombap trifft.

Am besten ist er, wenn er sich im gleichen Schuss über sich selbst und andere lustig macht: „Dein Homie puttet das Lean in Kopf, für ein Hunnie ein Schal von Supreme / Jeder Deiner Fans will so rappen wie Du und trägt in seiner Gürteltasche Amphetamin“, heißt es in „Gold“. Und weiter: „Meine Homies stellen die Milch hin, wechseln die Pampers und legen sich hin / Alle meine Fans wollen rappen wie ich, schreiben sich ein und studieren Medizin.“ Da sagen wir: „Dexter, hör nicht auf zu rappen!“

Veröffentlichung: 27. November 2020
Label: prodbydexter

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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