Konzertkritik: Of Montreal im Gretchen, Berlin, am 20. Oktober

Of Montreal

Vielleicht hätte man sich denken können, dass an dem Ticketpreis von zehn Euro für ein Konzert von Of Montreal ein Haken dran ist. Vielleicht hätte man sich über die Rahmenveranstaltung etwas besser informieren und einen Blick auf den Timetable werfen sollen. Aber wenn Of Montreal schon einmal in Berlin spielen, folgt man diesem Ruf blind.

Die Band aus Georgia, USA, trat im Rahmen der Hilfiger Denim Live Party auf, zusammen mit mehr oder weniger namhaften Djs und der frankophilen Elektronika-Lady Uffie. Das Gretchen in Berlin gibt es noch nicht all zu lange und dennoch fanden hier schon Konzerte mit Künstlern wie James Yuill oder Jazzanova statt. Die Location beansprucht für sich, offen für jeden Musikstil und jedes Veranstaltungskonzept zu sein. Das Gretchen ist in zwei Bereiche, Box 1 und Box 2, unterteilt, wodurch am 20. Oktober ein umfangreiches Line-Up erstellt werden konnte. Die musikalische Toleranz des Publikums wurde allerdings von den DJs bis zur Schmerzgrenze ausgereizt. Auch vor den Backstreet Boys schreckte man nicht zurück.

Die Besucher der Fashion Party bewegten sich zwischen der Berliner C-Prominenz und den höheren Töchtern und Söhnen der Stadt. Lange blonde Haare, die den Mädchen ins Gesicht fallen, Keilabsätze, viel Jeans, viele Streifen, und suchende Blicke nach dem Fotografen, der sie entweder auf die Veranstaltungsseite auf Facebook bringt oder am besten noch für die neue Hilfiger-Kollektion entdeckt. Die Atmosphäre war bis zum Beginn des Konzertes anstrengend, es schien als wollten alle glänzen oder einen kurzen Augenblick auf den Monitoren der zahlreichen Fernsehkameras erscheinen.

Of Montreal schienen den Auftritt zu genießen. Sie fingen um kurz nach eins an zu spielen, und überraschten vor allem mit der Setlist: Das Quintett spielte das komplette Album Hissing Fauna, Are You The Destroyer von 2007. Für viele das beste, weil auch das persönlichste Album der Band. Hin- und her gerissen, ob man dieses „Herunterspielen“ gut oder schlecht finden sollte, taute das anfangs etwas steife Publikum auf – spätestens beim epischen Song „Past Is A Grotesque Animal“; „But it’s like we weren’t made for this world/Though I wouldn’t really want to meet someone who was“ sang Kevin Barnes, der durch sein Make Up besonders zerbrechlich wirkte. Der Gitarrist der Band setzte dann und wann ein diabolisches Grinsen auf, das genauso schnell wieder verschwand, wie es erschienen war. Insgesamt ging von der Band eine positive Energie aus. Dennoch wurde man den bitteren Geschmack eines Promo-Konzertes nicht los. Zum einen durch den vorhersehbaren Ablauf und die dogmatische Orientierung an der Studioaufnahme. Zum anderen durch die überall präsenten Hilfiger-Farben und -Labels. Die Biederkeit dieser Marke stand im Kontrast zu den Outfits der Band und auch zu deren musikalischem Stil. Für eine Stunde Konzert und den geringen Eintrittspreis darf man wohl nicht meckern, Of Montreal verlieren auf der Bühne einer Fashion Party allerdings etwas an Glanz.

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