Komponist John Cage, hier zu sehen bei einem Empfang des Trinity-Laban-Konservatoriums für Musik und Tanz, London. (Foto: Peter Sayers)
Er verlieh der Stille Gehör und wurde mit seinen humorvollen Einfällen zum Wegbereiter der Neuen Musik: John Cage. Geboren 1912 in Los Angeles, begab sich der junge Cage schon früh in die unterschiedlichsten Szenen, studierte zunächst Literatur, um dann über die Architektur und Avantgarde-Kunst zur Musik zu finden. Morgen, am 12. August, jährt sich der Todestag des legendären US-amerikanischen Komponisten zum 25. Mal.
„tacet“ – so lautet die Spielanweisung eines seiner berühmtesten Kompositionen, „4’33″“. „tacet“ bedeutet in der Musik so viel wie „schweigend“ oder „stumm“. „tacet“ gewann mit der ersten Vorstellung von „4’33″“ am 29. August 1952 an neuer Bedeutung. Denn stumm blieb das Klavier während des Stückes von Anfang bis Ende. Vier Minuten und 33 Sekunden lang.
John Cage definierte die Stille neu. Für ihn waren Geräusch und Stille objektiv nicht zu trennen, der Unterschied zwischen den beiden bestand allein darin, worauf man seine Aufmerksamkeit lenkte. Daraus resultiert auch eine seiner wichtigsten Thesen, dass Musik allen Dingen innewohne. Auch ein Geräusch habe demnach einen musikalischen Wert und sei ein Sound, der zur Melodie unseres Alltags gehöre.
Mit dieser Behauptung legte Cage in den 1940ern den Grundstein für experimentelle Musik. Diese lebt vom stetigen Brechen von Konventionen und spielt mit unserer Erwartungshaltung. Das Publikum der Uraufführung von „4’33“ war außer sich und irritiert. Doch dass es darum ging, sein Gehör zu schärfen und Stille in all ihren Facetten neu zu entdecken, verstanden damals die wenigsten.
Cage holte seine Inspirationen vor allen Dingen aus der Philosophie des Zen-Buddhismus. Nicht nur das kompositorische Element der Stille, sondern auch seine späteren Arbeiten mit Zufallsoperationen haben folglich eine philosophische Grundlage. Er warf mit seinen Arbeiten neue Fragen auf. Seine Kombinationen von unterschiedlichen künstlerischen Disziplinen wie Tanz und Performance, die Einbindung von Medien wie Plattenspielern und Fernsehern, sowie die Fokussierung des Raumes führten zur unmittelbaren Auflösung der Grenzen zwischen unterschiedlichen Genres. Damit wurde er nicht nur in engen Avantgardekreisen berühmt, sondern auch darüber hinaus. Seine verwirrenden, gleichzeitig aber auch zugänglichen Kompositionen erklären jeden zum Künstler und alles, was ihn umgibt, zu seinem Instrument.
Am 12. August 1992 starb John Cage in New York, der Stadt, in der er lange gelebt und an der Seite von Laurie Anderson, Philip Glass und anderen Avantgarde-KünstlerInnen gewirkt hatte. Heute orientieren sich nach wie vor Musikerinnen und Musiker an seinen unkonventionellen Vorstellungen von Musik.
Hier interpretiert der Berliner Musiker und Komponist Nils Frahm „4’33″“.