„Discovery“ von Daft Punk wird 20

Cover des Albums „Discovery“ von Daft Punk, das vor 20 Jahren veröffentlicht wurde.

Daft Punk – „Discovery“ (Virgin)

Am 9. September 1999 um 9.09 Uhr ereignete sich im Studio von Guy-Manuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter ein schrecklicher Unfall. Die beiden französischen DJs und Produzenten experimentierten mit einem alten Sampler, bis er explodierte. Als sie wieder zu Bewusstsein kamen, waren sie nicht etwa entstellt oder schwer verletzt. Sie waren plötzlich Roboter.

So erzählten zumindest de Homem-Christo und Bangalter die Geschichte, im Jahr 2001, kurz vor der Veröffentlichung ihres zweiten Studioalbums „Discovery“. Grundlegend änderte dieser „Unfall“ nichts am öffentlichen Auftreten der beiden, unter dem Namen Daft Punk bekannten Künstler. Schon zum Release ihres 1997er Debütalbums „Homework“ zeigten sie nie ihr Gesicht. Sie verbargen ihr Antlitz hinter Halloween-Masken oder Einkaufstüten. Doch diese sich selbst mythologisierende Geschichte markiert den Moment, an dem Daft Punk zu Daft Punk wurden.

De Homem-Christo und Bangalter traten nicht mehr als Menschen auf. Sie wurden zu Maschinen. Inklusive der ikonischen Roboterhelme, die bis heute untrennbar mit dem Namen Daft Punk verbunden sind. „Discovery“, das Album, das diese Transformation gleichzeitig zementierte und zelebrierte, wird nun 20 Jahre alt.

Menschliche Maschinen

Ironischerweise ist „Homework“, entstanden in der Zeit, in der Daft Punk sich noch als „Menschen“ präsentierten, deutlich maschineller als der Nachfolger. Auf ihrem Debüt spielten de Homem-Christo und Bangalter relativ straighten, wenn auch unverschämt eingängigen House. Geloopte Samples und Disco-Vibes sorgten für die menschliche Note, doch das Gesamtwerk wurde auf Sequenzern und anderen automatisierenden Geräten arrangiert. Für „Discovery“ wählten sie einen anderen Ansatz. De Homem-Christo und Bangalter starteten ihre musikalische Laufbahn in der Indie-Rock-Band Darlin‘, respektive an der Gitarre und am Bass. Für ihr zweites Album entstaubten sie ihre alten Instrumente und ergänzten sie mit warmen Wurlitzer-Klängen und obskuren, analogen Drumcomputern aus den 70er-Jahren.

Das Ergebnis ist ein wahnsinniges Hybridwesen. Zum Teil eine Endorphin versprühende House-Party. Zum Teil eine Stadion-Rock-Oper. Und nicht zuletzt eine große Verneigung vor dem Pop. „Discovery“ beginnt mit genau so einer, mit „One More Time“. Ein Song, der mit seinem unsterblichem Autotune-Hook und seinem perfekt orchestrierten Spannungsaufbau auch zwanzig Jahre später noch wie in Musik komprimierte Ekstase klingt.

Der elektronische Sound lässt „One More Time“ wie einen poppigen French-House-Track wirken, doch die Struktur erinnert mehr an einen Rock-Song, mit Strophe, Refrain und kurz die Zeit anhaltender Bridge. Dieser Rock-Einfluss wird im nächsten Song „Aerodynamic“ auf die Spitze getrieben, in dem trockene Drumcomputer und Synths auf ein Van-Halen-Gitarren-Solo prallen. „Digital Love“ ist ein fast schon handelsüblicher Indie-Pop-Song, mit zackigen Gitarren-Akkorden und verträumtem Gesang. „Harder Better Faster Stronger“ kontrastiert einen weichen Funk-Groove mit vom Vocoder verzerrten Maschinengesang.

Jenseits von Cool

Ob diese dispersen Elemente zusammengehören oder nicht, schien Daft Punk egal zu sein. „Mit diesem Album werfen wir einen verspielten, spaßigen, farbenfrohen Blick auf Pop-Musik“, sagte Bangalter 2001 in einem Interview. „Es geht darum, Sachen und Klänge mit einem offenen Geist zu begegnen. Und nicht zu viele Fragen zu stellen.“ Daft Punk bezogen sich mit „Discovery“ auf betont uncoole, nicht mit Nullerjahre-Hipness-Mentalität vereinbare Einflüsse (Van Halen!) – und schufen damit ein grenzenloses Pop-Meisterwerk. Das jenseits von Kategorien wie „Cool“ existiert. Das einzige was zählt, ist die Melodie oder der Sound.

Als de Homem-Christo und Bangalter vor einigen Wochen die Auflösung der Band bekannt gaben, taten sie dies – natürlich – am 22. Februar 2021 um 2.22 Uhr und – natürlich – mit einem mysteriösen Video-Epilog (ein Ausschnitt aus ihrem 2006er Sci-Fi-Film „Electroma“). Er zeigt die beiden Roboter im Abschied voneinander. Der eine geht. Der andere bleibt. Und explodiert. Daft Punk blieben bis zum Ende mythisch. Ohne ihr zweites Album wären diese Stunts wahrscheinlich nur leere Effekthascherei geblieben. „Discovery“ machte diese Geschichten zu Legenden.

Veröffentlichung: 12. März 2001
Label: Virgin

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