Unheimlich coole Grooves

Von hermann-nanno-becker, 28. November 2009

King Midas SoundKing Midas Sound – „Waiting For You“
VÖ: 27.11.2009
Web: http://www.myspace.com/kingmidassound
Label: Hyperdub
Kaufen: ”iTunes"

In diesen trüben Tagen verlangt die Seele nach Bass, und davon gibt es reichlich auf dem Debütalbum „Waiting For You“ von King Midas Sound. Der Titel des Albums hätte treffender kaum sein können. Seit ich den Song „Surround Me“ auf der in 2007 erschienenen Compilation „Box Of Dub – Dub Step and Future Dub“ erstmals gehört habe, warte ich auf ein Album von King Midas Sound. Deren Musik gab es bisher nämlich nur häppchenweise in Form von 12-inches und Sampler-Beiträgen. Aber nun hat das Warten ein Ende.

King Midas Sound ist das Projekt des in London beheimateten Kevin Martin, der in den letzten knapp zwanzig Jahren verschiedenste musikalische Projekte initiiert hat. Irgendwo in meinen CD-Stapeln tummeln sich zumindest „The Anatomy Of Addiction“ (1994) von God und „Re-Entry“ (1995) von Techno-Animal. Zuletzt hat Martin unter dem Namen The Bug Platten veröffentlicht.

Bei King Midas Sound wird Kevin Martin von Roger Robinson, den man neudeutsch einen „spoken word artist“ nennen könnte, sowie der ebenfalls in London lebenden japanischen Künstlerin Kiki Hitomi von der Band Dokkebi Q unterstützt. Hitomi ist zudem auch für einen Teil des Booklet-Artwork verantwortlich. Bleibt noch zu erwähnen, dass „Waiting For You“ selbstverständlich auf dem Hyperdub-Label erscheint.

So unterschiedlich die musikalische Ausrichtung der diversen Projekte von Kevin Martin auch sein mag, eine klaustrophobische Grundstimmung ist ihnen gemein. Dies gilt auch für dieses Album. Mächtige Bässe und sphärische elektronische Klänge gehen eine durchaus düstere Verbindung ein, aber darüber schwebt als ausgleichendes Element der sanfte Sprechgesang Roger Robinsons.

„Cool Out“ – schon von einer 12-inch bekannt – sorgt mit seinen drögen Beats für einen vertrauten Einstieg in das Album. Der Titelsong kommt dann noch etwas sparsamer, aber nicht minder „deep“ daher. „One Thing“ war bereits im wunderbaren Dabrye-Remix auf der „Cool Out“-12-inch zu hören, aber das Original ist noch besser und beeindruckt mit einem Mörder-Bass und einem unglaublich coolen Groove – ein Highlight dieses fantastischen Albums.

Nach „One Thing“ gibt es aber einen kleinen Stilbruch: „Earth A Kill Ya“, dessen Botschaft mir ein wenig simpel erscheint, ist beileibe kein schlechter Song, aber auf dem 2008er Album „London Zoo“ von The Bug hätte er eine bessere Heimat gefunden. Glücklicherweise gelangt das Album von King Midas Sound mit „Darlin’“ sofort wieder mit einer faszinierenden Mischung aus Stimme, Bass, Beat und Elektronik in die richtige Spur. Mit dem vom Hyperdub-Geburtstagssampler „Five Years Of Hyperdub“ bekannten „Meltdown“ und seiner herrlich klappernden Percussion befindet sich der Hörer ohnehin wieder auf vertrautem Territorium, ehe das nächste Highlight „I Man“ sich in die Ohren wummert (wunderbar, wie dieses Wummern bei der 3:20er-Marke wieder einsetzt) und mit der Nachbildung eines in Stolpern geratenen Herzschlags endet.

Auf den nicht geringer wummernden, aber viel zu kurz geratenen Song „Blue“ – eher ein instrumentales Zwischenspiel – folgen mit „Goodbye Girl“ und „Lost“ die vielleicht poppigsten Momente des Albums. Nach einem weiteren – diesmal vokalen – Zwischenspiel („Sometimes“) zieht das Tempo auf „Outtaspace“ dann ausnahmsweise an. Mit den treibenden Beats und dem Gesang von Kiki Hitomi wäre zwar auch dieser Song auf „London Zoo“ von The Bug gut aufgehoben gewesen, aber hier fügt er sich ebenfalls erstaunlich homogen ein. Mit „Miles & Miles“ endet das Album dann eher wieder zurückhaltend und nachdenklich.

Mit Ausnahme des kleinen Störfeuers in Form von „Earth A Kill Ya“ ist „Waiting For You“ also ein atmosphärisch ausgesprochen dichtes Album geworden, und von Kevin Martins verschiedenen Projekten der letzten zwei Jahrzehnte empfinde ich King Midas Sound als das Schlüssigste.

„Could this be the start of something?“ singt Roger Robinson in „One Thing“. Na, das will ich doch hoffen.

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Diskussionen

0 Kommentare
  1. posted by
    christian
    Dez 5, 2009 Reply

    Wen’s interessiert: Samstag 05.12. 17.00h in der School of Rock: 60 Minuten Musik von Kevin Martin mit King Midas Sound, The Bug, Ladybug, Razor X Productions und Cult Of The 13th Hour.

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