Die Musikerin Uche Yara wurde bei den VUT Indie Awards 2024 als beste Newcomerin ausgezeichnet (Foto: Marko Mestrovic)
Ein Abend, um Musik, Kunst, die eigene Unabhängigkeit und ein bisschen auch sich selbst zu feiern – das war die Verleihung der VUT Indie Awards (VIA) Awards am 19. September 2024 in Hamburg im Schmidts Tivoli. Zum zwölften Mal wurden durch den Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen (VUT) Künstler*innen sowie Musikunternehmen, die abseits großer Konzerne Kultur schaffen, ausgezeichnet. „Großartige Unabhängigkeit“ nannte die Moderatorin des Abends, Nina Sonnenberg, das Hauptkriterium, um sich für einen VIA zu qualifizieren. Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda brachte es in seiner Eingangslaudatio noch etwas bildhafter auf den Punkt und erklärte mit einem Zitat von Bruce Springsteen, was die Magie von unabhängig produzierter Musik für ihn ausmache: Nämlich, dass bei ihr 1+1 auch 3 ergeben könne, während beispielsweise etwas KI-Generiertes immer nur 1+1=2 als Ergebnis liefere.
DIY-Ansatz statt Major-Vertrag
Diese Qualität, nicht einfach nur schön klingende oder auf aktuelle Trends abgestimmte Musik zu machen, sondern einen eigenständigen künstlerischen Ausdruck zu finden, war eindeutig auch ein Hauptkriterium der 49-köpfigen Fachjury. Das zeigte sich schon beim ersten verliehenen VIA für den/die beste Newcomer*in des Jahres. Dieser ging an die Musikerin Uche Yara. Die 21-jährige Österreicherin schreibt und produziert ihre Songs im Alleingang und spielt dazu Schlagzeug und E-Gitarre. Ihr Sound ist entsprechend viel mehr der einer experimentierfreudigen Garage-Rock-Band als der eines Bedroompop-Projekts.
Im klassischeren Bedroompop-Metier bewegt sich dafür der Musiker Orbit, der aus Ambient-Sounds, akustischen Instrumenten und meist sanften Beats verträumte Popsongs schmiedet. Er wurde als „Bester Act“ ausgezeichnet. Hervorgehoben wurde dabei nicht nur sein mittlerweile auch international anerkanntes künstlerisches Talent. Auch seine bemerkenswerte Entscheidung, eine bereits gestartete Karriere mit Major-Vertrag und Produktionen für namhafte Popstars gegen einen kompletten DIY-Ansatz einzutauschen, wurde honoriert.
Ein Schlaglicht auf die Nische
Grundsätzlich waren die gesellschaftlichen Aspekte von Popmusik und der Art ihrer Vermarktung ein nicht unwesentlicher Aspekt der diesjährigen VIA-Verleihung. Ein gutes Beispiel dafür war die Vergabe des Preises für das beste Label. Dieser ging an Habibi Funk. Das Berliner Label hat es sich zur Aufgabe gemacht, nordafrikanische und arabische Musik aus vergangenen Jahrzehnten wiederzuveröffentlichen und damit Repräsentation für Acts außerhalb des westlichen Standards zu schaffen. Dass die Labelbetreiber einen politischen Anspruch für ihre Arbeit haben, zeigte sich auch in der Dankesrede, in der angekündigt wurde, das Preisgeld an Sea-Watch e. V. und Medical Aid For Palestinians zu spenden.
Ein Album, das vor Energie strotzt und dabei mit (westlichen) Hörgewohnheiten bricht, ist „Hold On To Deer Life, There’s A Blcak Boy Behind You!“ von Kabeaushé aus Kenia. Es wurde als „Album des Jahres“ ausgezeichnet, was den mittlerweile in Berlin heimischen Künstler sichtlich rührte.
Ein besonderer Moment des Abends war der Auftritt von Songwriterin und Musikerin Catt. Sie zeigte in zwei live dargebotenen Songs, warum sie im vergangenen Jahr zurecht die große Gewinnerin der Awards war. Ausgestattet mit E-Piano, Loop-Station und diversen Percussion- und Blasinstrumenten, konnte sie den Saal mit einem Fingerschnipsen in ihren Bann ziehen.
Abgeschlossen wurde die Show mit der Verleihung der Preise für das „Best New Music Business“ (den heimste Henrietta Bauer mit ihrer Firma What Is Happening? I Feel It Everywhere ein, die Label, Verlag und Booking vereint) sowie für das beste Experiment. Dieses kam vom Künstler Carsten Nicolai aka Alva Noto. Für sein Projekt „Ray Collector“ hat er Magnetbänder und Negativfilme auf Reisen geschickt und die elektromagnetische Strahlung, die sie dabei aufgenommen haben, sicht- und hörbar gemacht. Er hat, wie er in seiner Dankesrede sagte, damit also auf den ersten Blick Unsichtbares sichtbar gemacht. Ein passendes Bild für das, worum es bei dieser Ausgabe der VIA Awards erneut ging: Schlaglichter auf die manchmal im Schatten der großen Musikindustrie stehende aber umso vielfältigere und kreative unabhängige Musikkultur des Landes werfen und sie damit sichtbar machen.
Die Gewinner*innen im Überblick:
• Beste*r Newcomer*in: Uche Yara
• Bester Act: Orbit
• Bestes Album: Kabeaushé – „Hold On To Deer Life, There’s A Blcak Boy Behind You!“
• Bestes Label: Habibi Funk
• Bestes Experiment: Carsten Nicolai – „Ray Collector“
• Best New Music Business: What Is Happening? I Feel It Everywhere!