Drum's Not Dead: Bear In Heaven – Live in Groningen

Die Band tritt ins Scheinwerferlicht und ein wenig Verwunderung macht sich breit – die sind ja nur zu dritt. Selbst auf der kleinen Bühne des in der Groninger Innenstadt belegenen Clubs VERA wirkt das Setting ausgesprochen übersichtlich. Viel Zeit zum Grübeln bleibt jedoch nicht, denn Schlagzeuger Joe Stickney legt los. Der Gig beginnt mit dem Opener „Beast In Peace“ von Bear In Heavens zweiten Album „Beast Rest Forth Mouth“ aus dem Jahr 2009. Adam Wills spielt die Bassgitarre (im Verlauf des Auftritts wechselt er auch zur elektrischen Gitarre), Jon Philpot singt, bedient hauptsächlich Keyboard und Sampler, spielt beim ersten Song die elektrische Gitarre und nimmt später auch mal die Bassgitarre zur Hand.

Die Schrumpfung der Band aus Brooklyn vom Quartett zum Trio erfordert neue Lösungen, einige Sounds sind vorproduziert, es bleibt relativ wenig Raum für Improvisation. Wer die Songs kennt, kann sich jedoch punktgenau dazu bewegen – und starres Herumstehen ist an diesem Abend einfach keine Option. Der Anpassungsprozess an das verkleinerte Line-Up ist Bear In Heaven nämlich hervorragend gelungen, die musikalische Umsetzung wirkt überhaupt nicht kompromissbehaftet. Die Band spielt alle Songs von „Beast Rest Forth Mouth“, und auch live offenbart sich deren heimlicher Pop-Charakter – catchy, treibend, kaum zu stoppen. Eines der besten Alben des Jahres 2009 wird hier kongenial umgesetzt. Mit „Bag Of Bags“ schleicht sich lediglich ein einziger Song vom Debütalbum „Red Bloom Of The Boom“ in die Setlist, spürbar sperriger und daher umso deutlicher machend, dass die Songs des zweiten Albums sehr viel eingängiger sind.

Jon Philpot und Adam Wills stehen zwar vorne auf der Bühne, aber jeweils soweit seitlich platziert, dass das Publikum einen ungehinderten Blick auf das Schlagzeugspiel von Joe Stickney werfen kann. Ohne den anderen beiden Herren zu nahe treten zu wollen – unbestrittener Star dieses Abends ist eben dieser Joe Stickney. Bereits bei der Rezension von „Beast Rest Forth Mouth“ habe ich sein abwechslungsreiches Schlagzeugspiel als eines der wesentlichen Elemente des Albums hervorgehoben. Beim Live-Konzert erfährt diese Wahrnehmung nun eine uneingeschränkte Bestätigung mit mehreren Ausrufungszeichen.

Der Gig erscheint mit rund einer Dreiviertelstunde zwar kurz, aber vielleicht ist dieser Eindruck auch nur der Kurzweiligkeit geschuldet. Vor dem letzten Song – passenderweise natürlich „Casual Goodbye“ – bedankt sich Jon Philpot beim Publikum und wünscht den Niederländern unter uns einen schönen Königinnentag, der nur noch eine knappe Stunde entfernt ist. Die Rufe nach einer Zugabe sind leider nicht von Erfolg gekrönt. Philpot kommt zwar zurück auf die Bühne, doch lediglich um entschuldigend zu erklären: „We don’t have any more songs“. Ohne im Einzelnen auf die Gründe einzugehen, erläutert er zumindest kurz, dass die Band die durch das Ausscheiden eines Mitglieds entstandenen Probleme zunächst einmal habe überwinden müssen, was letztlich aber zu Lasten der Anzahl der Songs gegangen sei. Mit einem Schulterzucken und Augenzwinkern verspricht Philpot, die Band werde Groningen wieder beehren und dann fünf Stunden lang spielen. Die spätere Internet-Recherche ergibt, dass Keyboarder und Bassist Sadek Bazaraa die Band zu Beginn des Jahres verlassen hat, weil er das ausgiebige Tour-Programm nicht mehr mit seinen beruflichen Verpflichtungen vereinbaren konnte.

In Deutschland gibt es nur zwei Konzerte von Bear In Heaven – am 2. Mai 2010 in Berlin im „Bang Bang Club“ und am 4. Mai 2010 in Hamburg im „Molotow“. Wer Lust auf einen zwar kurzen, aber ausgesprochen lohnenswerten Gig hat, sollte sich Bear In Heaven keinesfalls entgehen lassen.

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