Neue Platten: Tara Jane O’Neil – „Where Shine New Lights“

Von Klaus von Frieling, 22. Januar 2014

Tara Jane O’Neil - Where Shine New Lights (Kranky)Tara Jane O’Neil – „Where Shine New Lights“ (Kranky)

6,3

Wie Tara Jane O’Neil das Singer-Songwritertum in neue Sphären führt, ist bemerkenswert. Ähnlich wie Grouper hält sie sich nicht an althergebrachte Formen oder Klischees, die man mit dieser Art Musik normalerweise verbindet. Da ist keine Lagerfeuerromantik oder dergleichen, hier knistert nichts. Da ist das alte Verse-Chorus-Verse-Schema nur noch in geringen Dosen vorhanden, nämlich nur dann, wenn es wirklich passt und nie als Zwangsläufigkeit. O’Neil geht es eher um das Experimentelle, das Improvisierte, mit dem sie diesem Stil andere Seiten abgewinnt.

Schon „Welcome“, das erste Stück dieser Platte, driftet einfach nur dahin. Mehrere Vokalspuren wurden übereinandergelegt, mäandern mal hierhin und mal dorthin, bevor es mit Glockenklängen in „Wordless In Woods“ übergeht. Die Gitarrenakkorde sind hier zwar mit sehr viel Hall versehen, aber derart reduziert, dass sie es mit Leichtigkeit auf jede Velvet-Underground-Platte geschafft hätten. Das folgende „This Morning Glory“ hätte dann auch in der Tat genauso gut von Nico gesungen werden können. Das wirkt allerdings alles eher wie ein Warm-up, wenn das bis auf das Grundgerüst komprimierte „Over. Round, In a Room. Found.“ einsetzt, das nur aus tribalhaften Percussionschlägen, wortlosem Gesang und entfernt zu hörenden irritierenden Texturen besteht. „Glow Now“ beginnt ähnlich, mündet dann aber in ein eher konventionelles Slowcore-Stück, das auch auf viele 4AD-Platten gepasst hätte. Ähnliches gilt für „To Lull The Going“ und „Elemental Finding“. Beunruhigender Höhepunkt des Albums ist aber „Bellow Below As Above“, das sehr zerklüfftet mit Orgelklängen vor sich hin dröhnt, während darüber eine Gitarre flirrt und metallische Glocken erschallen. Das ruft sehr viele Bilder hervor, die sich zumeist in der Dunkelheit oder auf See abspielen dürften. Wenn man ganz düster gestimmt ist, auch beides zugleich.

Fast wirkt es, als hätte Tara Jane O’Neil die eher gewöhnlich wirkenden Songs wie „The Singal, Wind“ zwischen ihre Klangskulpturen gestellt, um eine Brücke für die Hörer zu schaffen. Dabei sind es gerade die gesang- und fast gesanglosen Stücke, die die größte Kraft auf „Where Shine New Lights“ offenbaren. Sie sind wesentlich unmittelbarer, unausweichlicher, unverwässerter. Davon ein ganzes Album wäre wirklich eine Herausforderung gewesen.

Label: Kranky | Kaufen

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