Talentschmiede reloaded – das Label Showdown Records

Shawn The Savage KidShawn The Savage Kid

Um die Jahrtausendwende prägte ein Hamburger Musiklabel die Landschaft des deutschsprachigen Sprechgesangs wie kaum ein anderes. Deichkind, KC Da Rookee, Mr. Schnabel, Square One – sie alle waren Teil von Showdown Records und hatten außerdem noch etwas anderes gemeinsam: Sie standen für Rapmusik, die sich von Konventionen und Gewohnheiten abhob. Spaßtexte trafen Real Talk, Oldschoolbeats paarten sich mit neuen Klangkonzepten. Showdown war eines von wenigen Deutschrap-Gates, an denen kein HipHop-Fan vorbeikam.

Im Jahr 2003 – parallel zum Aufkommen des Gangsterrap in Deutschland – und nach 91 Alben, Singles und EPs schloss Showdown seine Tore. Zahlreiche ehemalige Label-Acts veränderten sich in den darauffolgenden Jahren extrem: Aus Mr. Schnabel wurde Howie Do, der mit dem Eurostreetz Movement versuchte, internationale Barrieren in der Rapszene zu sprengen. Deichkind kehrten dem HipHop verstärkt den Rücken und arbeiteten an ihrem charakteristischen Elektro-Crossover-Rap-Mix, mit dem sie bis heute Konzerthallen füllen. Die Münchner Gruppe Square One hatte sich bereits 2002 aufgelöst. Alle Zeichen standen auf Ende für eine prägende Ära der Rapgeschichte, die Showdown so maßgeblich mitgestaltet hatte.

Zehn Jahre später die große Überraschung: Im Sommer 2013 verkündete ein neues Team um René Goldenbeld, Mitgründer des Labels, die Wiedereröffnung von Showdown. „Wir hatten das Gefühl, dass es an der Zeit ist, dass wir der Szene wieder unseren eigenen Stempel aufdrücken“, heißt es. Und damit könnte Showdown recht haben: Noch nie war Deutschrap so vielseitig, auch in den Charts. Ein Label wie Showdown, eine echte Talentschmiede, hatte endlich wieder die Chance, auf offene Ohren zu stoßen. Das Ziel stand schnell fest: Ein komplett neues Künstlerportfolio sollte her. Man wagte kein Comeback mit etablierten Künstlern, sondern rief über das Internet Newcomer dazu auf, sich mit einem Demotape vorzustellen. Es folgten unzählige Einsendungen von Rappern und Produzenten, Verhandlungen mit einigen von ihnen laufen. Darüber hinaus machte sich Georg Rackow, verantwortlich für A&R bei Showdown, jedoch auch selbst auf die Suche nach Talenten – und wurde in Shawn The Savage Kid, der das erste Signing auf dem neu eröffneten Label werden sollte, fündig.

Shawn kam bereits als Kind mit Musik in Berührung. Der Vater spielte in einer Reggae-Band. Um die Jahrtausendwende, gerade als Showdown den deutschen Rap so maßgeblich mitgestaltete, fand der Regensburger seine Vorliebe für amerikanischen HipHop, entdeckte bald die textlich anspruchsvollen Alben von Talib Kweli, Mos Def und Common und wagte, von seinen Helden inspiriert, erste Rapversuche. Es blieb zunächst beim Rappen auf Englisch, nur beim Freestylen mit Freunden probierte er sich an deutschem Rap. Erst während eines freiwilligen sozialen Jahres in Südafrika begann er, Texte auf Deutsch zu schreiben. „Ich habe dort gemerkt, dass ich mein Limit erreicht habe. Besser konnte ich nicht werden“, so Shawn. Er beschloss, von nun an auf Deutsch zu rappen. Parallel dazu erreichte ihn eine Facebook-Nachricht aus Berlin – von Rackow. Zurück in Wien zum Studium kam die Lawine für Shawn ins Rollen: Das erste Video, die ersten Interviews mit großen Magazinen. Dazwischen immer wieder Fragen zu Showdown, dem altehrwürdigen Label, von dem er nun ein Teil ist. Eine Fusion, die sich für beide Seiten gelohnt hat.

Will man mit den neuen Künstlern in die Fußstapfen von Deichkind & Co. treten? „Eigentlich gar nicht. Das Einzige, was bleibt, ist, dass kein Act belanglos sein wird“, lautet die Antwort bei Showdown. „Die Gemeinsamkeiten unserer Artists liegen ganz klar in ihrem Anspruch, Musik zu machen, die einen Mehrwert hat, egal ob klanglich oder inhaltlich.“ In Shawn The Savage Kid hat das Label genau solch einen Künstler gefunden: Einen Geschichtenerzähler mit ganz eigenem Stil. Auf seiner im vergangenen Herbst erschienenen EP „Kennen Wir Uns?“ rekapituliert er seine Fußball-Karriere, berichtet vom Puff-Besuch eines Polizisten und lernt ein Goa-Mädchen kennen, das ihm den Kopf verdreht. Dazu ist er selbst als Produzent im Beatbastel-Duo Dusty Crates aktiv. „Uns geht es darum, mit synthetischen analogen Synthesizern und Samples einen warmen, neuen Sound zu machen“, erklärt Shawn. Die typischen Deutschrapbeats seien ihm zu kalt und emotionslos.

Neben Shawn The Savage Kid heißt Showdown mit Mortis einen zweiten Künstler in seinen Reihen willkommen. Auch er ist gleichermaßen Rapper und Produzent, auch er bringt einen eigenen Sound mit. „Das Ziel ist, erfolgreich Platten zu veröffentlichen, unsere Künstler langsam aber stetig aufzubauen und sie in ihrem Selbstfindungsprozess zu unterstützen. Wir glauben daran, dass Qualität sich durchsetzt“, so heißt es bei Showdown. Hört man die neue EP von Shawn The Savage Kid, so könnte diese Strategie durchaus aufgehen.

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