Aldous Harding – „Warm Chris“ (Album der Woche)

Bild des Albumcovers von „Warm Chris“ von Aldous Harding, das unser ByteFM Album der Woche ist.

Aldous Harding – „Warm Chris“ (4AD)

Man muss Aldous Harding nur einmal in einem ihrer zahlreichen close-up-lastigen Musikvideos ins Gesicht schauen, um zu wissen: Diese Frau ist eine Zauberin. Die neuseeländische Musikerin lächelt in ihren Clips gerne, ohne dabei ihre Augen zu benutzen. Eine fast schon bedrohliche Grimasse, die Dich auszulachen scheint. Dich und Deine jämmerlichen Versuche, ihre Musik zu verstehen. Denn auch das vierte Album von Aldous Harding ist wieder undurchsichtliches, subtiles Pop-Hexenwerk.

Was nicht heißen soll, dass diese Musik schwer zugänglich ist. Ganz im Gegenteil: Es ist überhaupt nicht verkehrt, das mit zehn Songs auch angenehm kurze „Warm Chris“ als schlichte Indie-Folk-Platte zu genießen. Das Klavier plätschert sanft. Die Drums werden dezent gestreichelt. Die Gitarren klimpern angenehm. Das Album beginnt mit den sonnigen Retro-Vibes von „Ennui“, die auch den nächsten Song „Tick Tock“ definieren (das sich mit seinen leichtfüßigen Akustikgitarren-Akkorden wie ein inoffizielles Sequel auf ihren 2019er-Hit „The Barrel“ anfühlt). Die Single „Fever“ lullt mit einem freundlichen Groove und die Sonne heraufbeschwörenden Bläsersätzen ein – und mit Zeilen wie „All my favourite places are bars“.

Subtiles Pop-Hexenwerk

Doch wenn man ein bisschen bewusster in „Warm Chris“ eintaucht, mit spitzen Ohren den Harmonien und Hardings Stimme zuhört, merkt man, dass hier stets irgendetwas seltsam ist. Der Titeltrack erinnert zu Beginn noch an den zurückgenommenen Songwriter-Folk ihres Debütalbums, bis plötzlich für wenige Sekunden eine laute E-Gitarren hereinkracht. Die oberflächlich schlichte Klavierballade „She‘ll Be Coming Round The Mountain“ wechselt ständig zwischen Dur und Moll, haut einen unerwarteten Zauber-Akkord um den nächsten. Ihre Stimme ist von Song zu Song stets ein bisschen anders. In „Lawn“ klingt sie spitz und ganz nah am Ohr. In „Bubbles“ schwer und weit entfernt.

Das Fundament in Hardings Songs ist stetig in Bewegung, nirgendwo scheint es so ganz sicher zu sein. Ihre oftmals wunderschöne Musik ist stets von einer nervösen Spannung durchzogen, die einem keine Ruhe lässt – und stets dazu zwingt, ganz genau zuzuhören. Und das lohnt sich. Es ist nach wie vor eine einzigartige Freude, sich von Aldous Harding auslachen zu lassen.

Veröffentlichung: 25. März 2022
Label: 4AD

Bild mit Text: „Ja ich will Radiokultur unterstützen“ / „Freunde von ByteFM“

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