Debby Friday – „Good Luck“ (Album der Woche)

Cover des Albums „Good Luck“ von Debby Friday, das die Musikerin in einer weißen, leuchtenden Daunenjacke in einer düsteren Umgebung zeigt.

Debby Friday – „Good Luck“ (Sub Pop)

Debby Friday liebt die Extreme. „Das Extrem ist immer der Ort, wo die spannendsten Dinge passieren“, sagte sie in einem Interview, „wo Du am meisten lernen kannst.“ Und wer einmal ein bisschen Musik von der Sängerin, Songwriterin und Produzentin gehört hat, weiß, was sie meint. Die in Nigeria geborene und in Kanada lebende Künstlerin startete ihre musikalische Karriere als DJ im Nachtleben von Toronto, Montreal und Vancouver. Doch die Arbeit hinterm Pult reichte ihr nicht aus. Nach einer persönlichen Sinnkrise brachte sie sich im Selbststudium das Produktionshandwerk bei. Und veröffentlichte prompt zwei EPs mit vielversprechenden Namen wie „Bitchpunk“ und „Death Drive“. Zwei musikalische Molotow-Cocktails, zusammengebrüht aus Noise, Industrial, Electronica, R&B und HipHop, mit Features von seelenverwandten Sound-Grenzgängerinnen wie Lana Del Rabies und DJ Haram.

Ganz so Hardcore wie diese ersten Veröffentlichungen ist der Klang der nun erschienenen Debüt-LP „Good Luck“ allerdings nicht. Doch eine etwas entspanntere Debby Friday ist immer noch krasser als so vieles anderes, was zur Zeit produziert wird. Dementsprechend ist der wohlwollende Ausspruch, der ihrem Album den Titel gibt, auch ein Aufruf an ihr Publikum. „Viel Glück“ wünscht sie Dir, bei diesen musikalischen Extremen mithalten zu können. Du wirst es brauchen.

Radikale Körpermusik

Am besten lassen sich all diese dispersen Sound-Attacken als radikale Körpermusik zusammenfassen. Die reicht vom gnadenlos tanzbaren Acid-House von „I Got It“ (komplettiert vom spanischen Geshoute von Feature-Gast Uñas), über den an Yves Tumor erinnernden Stadion-Glam-Rock von „What A Man“ (inkl. Prince-Gedächtnis-Gitarren-Gegniedel) bis zu Industrial-Trap-Ungeheuern wie „Hot Love“ oder „Pluto Baby“, deren Instrumentals auch von ihrer kanadischen Landsfrau Backxwash stammen könnten. Für Subtilität lässt Friday in der Regel nicht viel Raum. Das braucht sie auch nicht. Bei Songs, die in ihrer Reizüberflutung Hirn, Bauch und Beine in Beschlag nehmen.

Der radikalste Moment von „Good Luck“ ereignet sich aber direkt zu Beginn: Eine 180-Grad-Wendung, die einen im Straßenverkehr direkt ins Gefängnis schicken würde. „You’ve got a lot to prove / Don’t you fuck it up“, stress-rappt Friday noch im eröffnenden Titeltrack über einen aggressiv angezerrten Bass und eine martialische Schlag-ins-Gesicht-Snare – nur, um im Anschluss den nahezu perfekten Pop-Song „So Hard To Tell“ hinterherzuschieben. Hier packt sie plötzlich einen sanften R&B-Gesang aus. „You’re just a young girl / All alone by yourself in the city / Act like you don’t need help / Honey, honey, is this heaven or hell?“ Eine entwaffnende Verletzlichkeit, die mindestens genauso extrem wie der abgefuckteste Noise wirkt.

Veröffentlichung: 24. März 2023
Label: Sub Pop

Bild mit Text: Förderverein „Freunde von ByteFM“

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