Blog&Roll: unruhr.de

Heute wird es unrhein und unruhrig bei Blog&Roll: „Unruhr ist ein Magazin und Weblog über die Musikszene, Konzerte, Clubs, Pop- und Subkultur an Ruhr und Rhein“, so die Selbstdarstelung einer Site, die bei ihrem Lokalnachrichten zwischen „Musik“ und „Keine Musik“ unterscheidet und dazu noch sieben individuelle Blogs beheimtatet. Unruhr bzw. Unrhein versteht sich als Autorenmagazin und möchte ansonsten eigentlich nicht zur derzeit anhaltenden Kakophobie der Ruhr2010 Nabelschauen beitragen, sondern, statt der permanenten Frage nach dem Ort des Geschehens, lieber die richtigen Inhalte finden, die aus etwas ein Geschehen machen. Im Mix kommen dann auch so unterschiedliche Positionen zusammen wie Hot Hot Heat, Tocotronic, Fennesz und der Dillinger Escape Plan.

Wer macht Unruhr?

Eine Art Kollektiv aus zurzeit 13 Leuten, von denen einige mehr, andere weniger schreiben. Die meisten stammen aus dem Unruhrgebiet – Kulturmanager, Musiker, Geographen, Künstler, Landschaftsarchitekten, Lehrer und sonstige Beschäftige des tertiären Sektors. Einige sind allerdings abtrünnig geworden und weggezogen. Der typische „brain drain“ überaus weiser Leute aus dem Unruhrgebiet hat eben auch vor Unruhr nicht halt gemacht. Die meisten sind aber noch da und denken darüber nach, was passiert, wenn nach dem Kulturhauptstadtjahr kein Geld mehr für Kultur da ist (von dem wir natürlich aber sowieso nichts bekommen). Wenn ihr es genau wissen wollt: Matthias Burzinski – MatsB, Sabine Dräger – Lady Reason, Mal Hoeschen – nulloption, Michael Köchling – Mic, Patricia Koob – Patti, Bernd Lubienetzki – Lubi, Pamela Lutz – Pam, Nina Mühlmann – nm, Hellmut Neidhardt – N, Matthias Niemand – mn, Michael Skowronski – Morton, Eva Tripp – EvaT, Mirko Uhlig – Uhl. Und Gäste.

Wo und seit wann wird Unruhr gemacht?

Gegründet wurde das Magazin für ruhrbane Destabilisierung Unruhr Anfang 2004 im chill’r in Dortmund – das ist eine Bar (die es hoffentlich noch gibt), an der in Kürze eine Plakette mit den Köpfen der drei Gründer, Matthias Burzinski, Bernd Lubienetzki, Michael Köchling, angebracht wird. Damals haben wir noch zusammen in einer Firma gearbeitet und überaus unsinnige Gutachten verzapft. Um unsere Vitalität zu erhalten, dachten wir, wir machen mal etwas Sinnvolles und Erquickendes, also haben wir ein Online-Musikmagazin unter dem – das muss jeder zugeben – brillanten Namen Unruhr gestartet. Heute heißt so etwas ja Blog und gehört zum Web 2.0 und zur CloudCommunity. Mittlerweile entstehen die Texte und Inhalte für Unruhr – wie gesagt – nicht mehr nur im Unruhrgebiet, sondern auch im Rheinland und sogar in München (zwei Abtrünnige). Trotzdem: Die Redaktionstreffen finden nach wie vor im Unruhrgebiet statt – meist im Sissikingkong in Dortmund, wahlweise auch bei den Unruhrstiftern zuhause. In den Jahren hat es bisher zwei Komplettrelaunches mit einer Neuordnung der Inhalte gegeben, den letzten noch zu Beginn dieses Jahres, dem aus technischen Gründen auch unser eigenes Radioprogramm zum Opfer gefallen ist. Das wollen wir wiederbeleben. Ebenso unsere selbst gestalteten Postkarten, ein Printmagazin, einen Unruhr-Verlag und eigene Ausstellungen – falls also jemand Geld übrig hat, nehmen wir das gerne.

An wen richtet sich Unruhr?

An Leute, die das gerne lesen und hören, worüber wir schreiben. Wir haben niemals ein allzu festes Korsett gehabt, also auch keine klar definierte Zielgruppe. Natürlich war (und ist es) die ursprüngliche Idee, v.a. die Leute im Unruhrgebiet anzusprechen, die einen Popmusik- und Popkultur-Geschmack abseits des Mainstream haben, aber das ist in Zeiten der Kulturhauptstadt mittlerweile so abgedroschen, dass wir es selbst schon peinlich finden. Zu Beginn haben wir diesen regionalen Aspekt der Popkultur im Ruhrgebiet noch intensiv diskutiert und begleitet. Mittlerweile wollen wir nicht mehr allzu viel zu der allgemeinen Ruhrkakophonie beitragen. Die Region kocht schon seit Jahrzehnten nur im Saft des eigenen Minderwertigkeitskomplexes – und ich fürchte nach RUHR.2010 wird sie dahin auch wieder zurückkehren. Uns ist es auch piepe, ob das hier Metropole Ruhr heißt oder Ruhrgebiet usw. Dazu ist mittlerweile alles gesagt und es gibt Wichtigeres – denn es ist ja nicht nur interessant, wo etwas kulturell produziert wird, sondern v.a. auch was. Das Konzept von Unruhr war und ist deshalb immer im Fluss. Heute bezeichnen wir uns als Autorenmagazin, weil wir den individualistischen Ansprüchen unserer Egos sonst nicht gerecht werden würden. Mit anderen Worten: Jeder macht sein Ding, schreibt über Musik, Fußball, Comics oder verzapft Literarisches und sucht seinen persönlichen Stil – in dem Wissen, das der Tag kommt, an dem irgendwann Millionen das mal lesen und hören wollen. Wir müssen ja damit kein Geld verdienen. Aber wir wollen noch mehr: Seit kurzem sind wir auch Unrhein (s. unten – Frage 6) und wollen uns inhaltlich verbreitern. Dazu suchen wir v.a. noch ebenso engagierte Autoren/innen mit Stil – und Aktivisten, die nicht nur schreiben, sondern auch andere popkulturelle Projekte umsetzen wollen. Wir wollen selbst stärker kulturell aktiv werden.

Wie würdest du / ihr deinen / euren Mix für Blog&Roll beschreiben?

Als Ergebnis eines Castingabends bei Bier und Chips in Mics neuer Wohnung und Kaleidoskop unserer eigenartigen Verständnisse von guter Musik, das dank Mal vom Genesungswerk in eine ansprechende Dramaturgie gefügt wurde.

Nenne bitte 3 prägende Einflüsse auf Unruhr (Djs, Fernsehserien, Automarken was auch immer):

Die Idee zu Unruhr entstand beim Auswerten von Kriegsluftbildern aus dem zerstörten Ruhrgebiet. Seitdem arbeiten wir am Wiederaufbau.

Wenn Unruhr nicht Unruhr hiesse, wie hieße es dann?

Unrhein – so heißt es jetzt auch schon so nebenbei, weil wir das Unrhein-Unruhr-Gebiet als einen einzigen Pop-Kulturraum ansehen und einige nach dorthin umgezogen sind oder schon waren. In Kürze werden wir das klassische Unruhr-Logo um ein Unrhein-Logo ergänzen und Düsseldorf bis Bonn eingemeinden.

Wenn Unruhr ein Stück Musik wäre, welches wäre es?

Ein Mixtape.

Die Unruhr all-time favourites (bitte je 3 Tracks, Alben, Bands/Künstler und -wenn Interesse – Filme und Bücher):

13 x 3 x 3 wären 117 Antworten, die ihr sicher nicht haben wollt (und das noch ohne Bücher und Filme).

Vinyl, CD oder MP3 und warum?

Eine Diskussion von vorgestern – alles hat seine Vor-/Nachteile.

Welche Blogs liest Unruhr?

Diejenigen, die das schreiben, was jeder lesen möchte.

Welche Radiosender (lokal oder Internet) hört Unruhr?

Diejenigen, die das spielen, was jeder hören möchte.

Wo kauft Unruhr Musik?

Als es Last Chance in Dortmund noch gab, haben viele dort eingekauft, um den Mythos des guten, alten Plattenladens noch weiterzuleben. Das hat sich jedoch erledigt und jeder kauft da, wo es das gibt, was er sucht.

Wo guckt Unruhr Konzerte?

Da, wo die Künstler auftreten, die jeder hören will.

Wo geht Unruhr tanzen?

Da, wo die Musik läuft, zu der jeder tanzen will.

Der oder das Blog?

Das Autorenmagazin.

Letzte Worte?

Ein großer Dank an Mal von Frollein Fritz und dem Dortmunder Label Genesungswerk für das Mixen und Mastern. Wir hatten viel Spaß am Mixtape – falls erneuter Bedarf besteht, würden wir das gerne wiederholen. Auch wenn wir wegen des kollektiven Ansatzes dafür immer etwas länger brauchen.

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