Der Song „Gorgon“ zeigt Juliana Hatfield als Meisterin des Power-Pop-Handwerks (Foto: David Doobinin)
So ziemlich alles an „Gorgon“ kommt einem bekannt vor: Der gemütliche Midtempo-Groove. Die warm angezerrten Wurlitzer-Akkorde. Die cremigen Gitarren-Figuren. In diesem Song stehen alle Weichen auf Power-Pop, der maximal eingängigen Indie-Rock-Spielart, die besonders in den frühen 90er-Jahren beliebt war. Doch „Gorgon“ ist nicht einfach nur ein billiger Retro-Throwback in die allseits beliebte Generation-X-Dekade. Juliana Hatfield, die Künstlerin hinter diesem Song, war damals dabei. Und zwar an vorderster Front. Die US-amerikanische Musikerin war nicht nur einst die Bassistin der Genre-Ikonen The Lemonheads, mit ihrer eigenen Band The Juliana Hatfield Three schuf sie selbst einige bis heute nachklingende Power-Pop-Hits, wie beispielsweise die MTV-Dauerbrenner „My Sister“ oder „Spin The Bottle“.
„Gorgon“ zeigt dementsprechend eine Meisterin des Power-Pop-Handwerks. Hatfield spielt alle Instrumente selbst, vom präzise neben der Spur tanzenden Bass bis zu den im Hintergrund zwitschernden Synthesizern. Sie verwebt all die bekannten Elemente in ein unwiderstehlich frisch klingendes Ganzes – und intoniert dann eine seltsame Interpretation des Medusa-Mythos drüber. „Fingers everywhere / Your snakes in my hair“, singt sie. Im Refrain wechselt sie vom Mythos zur Dekonstruktion ihres eigenen Images: „I never promised anyone anything, no enchanted fairytales.“ „You must have interpreted it wrong / ‘Cause I don’t sing love songs.“ Zum Ende franst der Song in wunderbares, ausgeklügelt konstruiertes Chaos aus. Damit legt Hatfield eine handwerkliche Virtuosität an den Tag, die stark im Kontrast zur DIY-Slacker-Ästhetik des 90er-Jahre-Power-Pops steht. Sie steht über den Dingen und lacht darüber, auf ansteckende Art und Weise.
„Gorgon“ ist ein Vorbote auf Hatfields 18. Soloalbum „Blood“, das am 14. Mai 2021 auf American Laundromat erscheinen wird. Ihr vergangenes Projekt war das 2019 veröffentlichte Coveralbum „Juliana Hatfield Sings The Police“ – der Nachfolger ihrer 2017er Cover-LP „Juliana Hatfield Sings Olivia Newton-John“. „Gorgon“ ist unser Track des Tages. Hört ihn Euch hier an: