Kraków Loves Adana – „Songs After The Blue“ (Rezension)

Cover des Albums „Songs After The Blue“ von Kraków Loves Adana (Better Call Rob)

Kraków Loves Adana – „Songs After The Blue“ (Better Call Rob)

8,0

Bereits 2010 veröffentlichten Deniz Cicek und Robert Heitmann als Kraków Loves Adana ihr erstes Album. Kennengelernt haben sie sich in einer Diskonacht, benannt haben sie sich nach den Herkunftsorten ihrer Elternteile aus Polen und der Türkei. Bislang dominierten auf den Studioaufnahmen noch klar die Gitarren. Etwa 2012 auf „Interview“ oder auf dem im vergangenen Jahr erschienenen Album „Call Yourself New“.

Nun wabert bereits zu Beginn des ersten Songs der neuen Platte „Rapture“ – einer Liebeserklärung an die Musikkassette, wie die Band selbst sagt – der Synthie-Bass los und weist sogleich die musikalische Richtung der neuen Platte „Songs After The Blue“. Die Gitarren sind auf dem vierten Album tatsächlich ein wenig in den Hintergrund gerückt, machen Platz für warme 80er-Synthies und hin und wieder zurückhaltende Klavierakkorde.

„Traurig, ruhig, melancholisch – es ist immer das gleiche“, kommentierte Sängerin Deniz Cicek beim Hamburger Releasekonzert selbstironisch die eigenen Lieder. Wahr ist sicherlich, dass die Songs des Duos textlich stets eine gewissen Hang zur Nachdenklichkeit, vielleicht Schwermut mit sich bringen. Doch wirken sie dabei an keiner Stelle bedrückend, bedeutungsschwanger oder überzogen theatralisch.

Angenehm böse

Vielmehr spiegeln sie eine melancholische Bestandsaufnahme, nüchterne Beobachtungen. Das wird textlich durchgehend auf unaufdringliche Weise rührend und an manchen Stellen durchaus auch komisch erfasst. Wie es im angenehm bösen Refrain von „The Day The Internet Died“ der Fall ist, ein Lied, das sich mit dem allgegenwärtigen Gemeinsam-allein-sein im öffentlichen Raum auseinandersetzt: „Cause what we lack in empathy / We’ll make up with apathy“

Grundsätzlich haben sich in den Lyrics der acht Stücke auf „Songs After The Blue“ eine Vielzahl ausgesprochen guter Popzeilen versammelt. Es geht um Entfremdung, Vereinzelung, darum, nicht mehr miteinander zu reden und am falschen Ort sein Zuhause zu suchen. Doch steigen die Texte dabei nie in zynische Hoffnungslosigkeit hinab. Die Widerstandskraft ist größer, die Abgeschiedenheit wird überwunden. So sing Cicek in „Hamburg“, der Stadt, in Kraków Loves Adana seit einigen Jahren bereits leben: „Say what you want / I don’t care what you want / I am my own ghost / Living what I love the most“

Die dunkle Stimmfarbe der Sängerin bettet sich dabei perfekt auf den organisch klingenden Synthieflächen und sorgt dafür, dass den Inhalten immer eine gewisse wohlige Wärme beigefügt ist. Einen prominenten Auftritt bekommt die E-Gitarre dann doch noch im Song „Heather“. Eine wavige Singlenote-Gitarre und die anschließende Zeile „Our loneliness used to have a cure“ mögen rein zufällig als The Cure-Verweis funktionieren, fügen sich so oder so ausgesprochen clever aneinander.

Keine Effekthascherei, keine Anbiederung – acht zielsichere Lieder befinden sich auf „Songs After The Blue“, unter denen sich bei jedem Hören ein neuer Lieblingssong hervortut. Ein kurzweiliges, sehr gutes Album, nach dessen Durchlauf man die Kassette gerne nochmal zurückspult, um erneut auf die Playtaste zu drücken.

Am 2. April waren Kraków Loves Adana im ByteFM Magazin zu Gast und haben über „Songs After The Blue“ gesprochen. Mitglieder im Verein „Freunde von ByteFM“ können die Sendung im ByteFM Archiv nachhören.

Veröffentlichung: 6. April 2018
Label: Better Call Rob

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