Neue Platten: Darkstar – "News From Nowhere"

Darkstar - News From Nowhere (Warp)Darkstar – „News From Nowhere“ (Warp)

8,6

Zu erfahren, dass neue Alben irgendwo in einem Haus in der Pampa entstanden sind, kommt nicht gerade selten vor. Was im Kontext von „klassisch“ entstandener Musik mit „echten“ Instrumenten schon längst auf der Tagesordnung steht, wirkt mit dem Vorzeichen „Elektronik“ ungewöhnlich. Oft scheinen neue Entwürfe elektronischer Musik auf Urbanität angewiesen zu sein. Dass bahnbrechende Entwicklungen nur in Ballungsräumen entstehen können, ist aber ein moderner Mythos. Und dass es in der Elektronikmusikszene keine Bands gibt auch.

Gut zwei Jahre sind seit Darkstars Debütalbum „North“ vergangen, mit dem sich James Young und Aiden Whalley von ihrem Ruf als Dubstep-Produzenten befreiten. Die beiden kennen sich seit ihrer Jugend in Leeds und besuchten später dieselbe Uni in London. Dort fanden sie Mitte der Nullerjahre ihre Inspiration bei den „FWD>>“-Dubstep-Partys und so waren ihre Singles, die zwischen 2007 und 2009 entstanden, zwischen Dubstep und UK-Garage angesiedelt. Statt jedoch den typisch reduzierten Klang von Dubstep zu imitieren, flochten sie in die schweren Bassgerüste popinspirierte Synthflächen ein und experimentierten mit Vocalsamples.

So klang auch „North“ 2010 überraschend anders. Eine Cluborientierung und Affinität zu Bassmusik konnte nur noch der vorab erschienenen Single „Aidy’s Girl Is A Computer“ attestiert werden. Der Rest des Albums offenbarte eine von Synthflächen geschwängerte und dem Gastsänger James Buttery geprägte Vision anspruchsvoller elektronischer Popmusik.

Seitdem hat sich einiges geändert. Bald nach der Veröffentlichung von „North“ wechselte Darkstar von Kode9s Label Hyperdub zu Warp und James Buttery ist inzwischen festes Mitglied der Band. Beides scheint selbsterklärend, hört man „News From Nowhere“. Die Musik ist noch weiter von Clubpfaden abgewichen und die Stimme von Buttery, den Whalley und Young auch schon aus Leeds kennen, war schon bei „North“ ein stilbildender Teil von Darkstars Musik.

Ein Jahr verbrachte das Trio in einem Haus in der ländlichen Idylle West Yorkshires und produzierte die Tracks für ihr neues Album, das ruhigen, leichten Optimismus ausdrückt. So beginnt „News From Nowhere“ mit dem beatlosen, sphärischen „Light Body Clock Starter“ und leitet in die Vorab-Single „Timeaway“ über, bei dem Butterys sanfte, zurückhaltende Stimme über Glockentönen schwebt.

Das ganze Album strahlt durch warme Melodien und helle Klangflächen, die manchmal fast psychedelisch wirken, Offenheit und Positivität aus. Komplexität erhalten die Tracks zusätzlich durch abwechslungsreiche Beats, die nie im Vordergrund der Musik stehen und so gar nicht in irgendwelche musikalischen Genreschubladen passen wollen. Vielmehr entstehen aus dem Zusammenspiel der einzelnen Elemente Polyrhythmen, die trotz der eigentlichen Ruhe der Tracks eine mitreißende Dynamik erzeugen. Mithilfe zahlreicher Loops entstehen, wie beispielsweise bei „Amplified Ease“, dicht geflochtene Gewebe, die so gestrickt werden, dass genug Luft zum Atmen bleibt.

Diese Leichtigkeit ist auch dem Produzenten Richard Formby zu verdanken, in dessen Studio Whalley, Young und Buttery die finalen Versionen ihrer Stücke einspielten und der ihnen auch die Idee zum Albumtitel „News From Nowhere“ gab. Aus dem Nichts zwischen Leeds und Manchester entstand so wunderbar warme und leichte Musik, die genau die richtigen Kanten hat, um sich nicht als aalglatter Pop anzubiedern, sondern diesen Begriff neu und positiv zu besetzen.

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